Heute wird’s historisch: Ich spaziere in der Nähe von Schleswig auf dem Kamm des Hauptwalls des Danewerks herum – und damit auf Geschichte, die bis ins Mittelalter zurückreicht und 2018 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt wurde.
Ich starte beim Danevirke Museum, gehe an den freigelegten Resten der mächtigen Waldemarsmauer vorbei, weiter zu einer rekonstruierten Schanzenlage, der “Schanze 14”, an der ich mich etwas länger aufhalte: sie ist der Bogenschlag zwischen meiner mittelalterlichen Erkundung, den bedeutenden deutsch-dänischen Auseinandersetzungen im 19. Jahrhundert und damit wiederum dem Grenzleben, das Menschen wie ich heute in einem Alltag zwischen Deutschland und Dänemark führen können. Wo einst die Grenze des dänischen Reiches verlief und diese im Ernstfall verteidigt werden sollte, blicke ich heute entspannt über Maisfelder und sanft-grüne Hügellandschaft.
Es ist still um mich herum; nur das Klicken des Photapparates meines Papas (Ich habe Elternbesuch und freue mich darauf, dieses Stück nordeuropäische Geschichte heute zu zweit zu erwandern!) durchschneidet immer mal wieder diese Ruhe. Luft und Farben haben ihren ersten leichten Herbstschleier angelegt. Perfektes Erkundungswetter!
An der “Schanze 14” muss man etwas aufpassen: nur der Radweg führt weiter auf dem Weg, den wir gekommen sind und rechterhand in Richtung eines Teerweges; der Wanderweg schlängelt sich über die Wiese (!) rechts der Schanze vorbei und hinein in einen kleinen Wald.
(!) Am besten orientiert man sich an der oben abgebildeten Beschilderung und folgt dem kleinen weißen Kreuz auf schwarzem Grund nach links, über einen Trampelpfad hinein in den Wald.
Unser Weg führt ab jetzt immer weiter auf dem Hauptwall entlang. Mit anderen Worten: wir treten Geschichte heute mit Füßen. Oder besser: wir stolpern über sie hinweg. Als wir nach dem kleinen Wäldchen eine Straße (Margarethenwall) überqueren und wieder auf den Wall steigen, erkennen wir recht deutlich: hier ist nicht viel los. Das Gras wächst hoch, immer wieder sinken wir in teils tiefe im Gras versteckte Löcher.
(!) Also: unbedingt knöchelhohe Wanderschuhe anziehen, auch wenn man denkt, Wandern in Schleswig-Holstein könne ja nicht so anspruchsvoll sein! Ein bisschen unwegsam ist es schon auf dem Wall und man muss aufpassen, dass man beide Beine heile nach Hause bringt …
Mir gefällt das Vormichhinstolpern; ich bin konzentriert und finde es doch besonders, in dieser frühherbstlichen Wärme und so friedlicher Stille über ein Stück so bedeutende Geschichte zu wandern. Neben dem Wall liegen weite Felder und Gehöfte, Schafe gucken uns (so kommt es mir jedenfalls vor) verdutzt an und alle paar Meter gibt es Neues zu entdecken: wir gehen durch Heidekraut und Heidelbeeren und mogeln uns an dicken Ästen auf Augenhöhe vorbei, um weiter auf dem Wall bleiben zu können.
Schließlich stehen wir an einem Durchbruch. Der Wall wird von einer Straße durchtrennt und es ist nicht auf den ersten Blick klar, wo es weitergeht: haltet Euch, wenn Ihr vom Wall runtergeht, rechts entlang der Schulstraße! Der Wall ist hier auf einem kleinen Stück so dicht bewachsen, dass man besser parallel zu ihm geht und dann an der nächsten Möglichkeit, kurz hinter dem Schild “Oberer Holzweg” (Herrlich – nun sind wir also mal so richtig auf dem Holzweg!), wieder links abbiegt.
Nun kann man dem Feldweg unterhalb des Walls folgen, sollte aber spätestens, wenn dieser eine klar erkennbare Kurve nach links macht, wieder aufsteigen (Ja, für norddeutsche Verhältnisse ist der Wall hier ein kleiner Berg!) und dem Wall entweder auf der Kuppe oder auf dem Weg weiter folgen. (Hier stehen auch immer wieder Schilder, die das Weltkulturerbe markieren. Solange Ihr also den Wall im Blick bzw. unter oder direkt neben Euch habt, seid Ihr richtig.)
Als der parallel zum Wall verlaufende Weg auf einen Schotterweg, den Möllhornweg, mündet, ist es für uns an der Zeit, eine kleine Mittagspause zu machen. Die fällt heute etwas “besonderer” aus – ein echter Kopffreitag mit allem Drum und Dran eben: ich habe meinen kleinen Kocher in den Rucksack gemogelt; es gibt Eintopf. Auf Paddeltouren ist das abendliche Kochen selbstverständlich. Beim Wandern gab es für mich bislang immer “nur” das klassische Vesper. Das soll heute, wo wir zu zweit unterwegs sind, mal anders sein. Wir genießen:
Nach der Pause überlegen wir kurz, ob wir einfach am Wall entlang zurückgehen. Im Nachhinein kann ich durchaus empfehlen, das zu tun: die Rundtour, die wir weitergehen, führt nun überwiegend über Asphalt. Wall und Feldwege sind da deutlich attraktiver, auch, weil man ja in die andere Richtung blickt und das Licht nun im Rücken hat. Es wäre also nicht “einfach nochmal das Gleiche”. Überlegt es Euch, wenn Ihr die kleine Tour nachwandert!
Beim Aufbruch von unserem Pausenplatz lassen wir uns noch neugierig von hübsch-braunen Kühen beäugen. Dann gehen wir auf dem Möllhornweg nach rechts in Richtung Wald und biegen an der K 39, auf die dieser führt, links ab und an der nächsten Möglichkeit nach rechts, auf der Straße Wittsiek in den Ort Ellingstedt. Diesen verlassen wir an der ersten Abzweigung nach rechts auf dem Wuhrenweg Richtung Hüsby. Und hier geht es nun wirklich kilometerweit einfach nur der Straße entlang geradeaus. Zugegeben: stark befahren ist sie nicht; aber es ist eben eine Straße und Asphaltlaufen ist nicht so unser Ding …
Wir folgen dem Weg, der mehrfach den Namen wechselt von Wuhrenweg über Ellingstedter Weg in Alter Ellingstedter Weg und schließlich Neuer Ellingstedter Weg bis nach Hübsy. Hier halten wir uns rechts auf den Straßen Süderende und Dorfstraße. Wo sich letztere gabelt, folgt man entweder nach rechts der Bergstraße oder nach links der Hauptstraße. Beide Wege münden in den Alten Ochsenweg, auf dem wir nach rechts weitergehen.
Um nicht noch länger auf Teer zu laufen, biegen wir vor einem Gehöft (außerhalb des Ortes) auf der rechten Seite ab: hier geht es durch einen kleinen hübschen Wald. Man muss bloß etwas aufpassen, denn der “Eingang” ist etwas versteckt. Ein Gatter mit einem weiß-grünen Schild, das die Fahrradroute Ochsenweg ausweist (siehe Bild unten), ist der richtige Weg.
Da wir spät losgegangen sind, ist es im Wald schon recht dunkel. Die Sonne steht tief; wir überlegen, ob wir uns noch eine kleine Kaffeepause genehmigen können (zeitlich) und wollen (so kurz vor Ende der Tour). Die Entscheidung wird uns abgenommen, als wir einen kleinen und noch recht neu wirkenden Holzshelter entdecken. Mit ordentlich aufgestapeltem Holz drumrum und einer Feuerstelle wirkt das sehr nett, aber auch sehr privat. Mein Papa geht ein paar Schritte näher ran und entdeckt ein Schild, welches das Pausieren (ohne Feuer machen!) erlaubt. Ich bin positiv erstaunt und finde das richtig, richtig freundlich. Ein schöner Platz, eine tolle Geste!
Wir lassen uns also für eine kleine Pause im halboffenen Holzhäuschen nieder. Ich werfe nochmal den Campingkocher an und wir wärmen unsere Hände an einem Becher Kaffee. Eine gute Entschädigung für die Straßenkilometer! DANKE an den freundlichen Eigentümer dieses Platzes.
Durch den Wald geht es einfach immer den Weg entlang weiter, bis man auf eine kleine Teerstraße kommt. Wir biegen links ab, auf den Lindenweg. Der mündet in die Straße Am Wall: hier geht es nochmal nach links, dann noch zweimal nach rechts auf den Ochsenweg – und wir stehen wieder am Danevirke Museum.
Fazit: Rund 18 Kilometer sind wir gegangen, durch geschichtsträchtige Landschaft und auf Pfaden, die definitiv nicht auf Massentourismus schließen lassen. Eine gemütliche Rundwanderung, die zwar nicht als solche gekennzeichnet ist, aber mal wieder beweist, dass man auch mit einer groben Zielidee (in diesem Falle: ich möchte den Hauptwall des Danewerks weiterlaufen als nur bis zur “Schanze 14”) und einer Landkarte in der Hand schöne kleine Wanderabenteuer erleben kann.
Info & Tipps:
Die mittelalterliche Verteidigungsanlage Danewerk erstreckt sich über eine Länge von rund 30 Kilometern von Haithabu an der Schlei bis nach Hollingstedt an der Treene. Es gibt kleinere Rundwanderwege und Fahrradrouten, die zum Beispiel im Material der Tourismusorganisationen der Schleiregion verzeichnet sind.
(!) Unsere Tour ist als solche nicht ausgeschildert, aber mit eventuellem ab und an mal auf eine Karte Schauen nach obiger Beschreibung nachzugehen, da die Abzweigemöglichkeiten nicht allzu vielfältig sind.
Wer ein kürzere Tour gehen und auf den Asphaltanteil auf dem Rückweg verzichten möchte, geht einfach direkt am und auf dem Wall entlang wieder zurück. Die Strecke zwischen Danevirke Museum und der Kreuzung Krummwallweg und Möllhornweg (das ist dort, wo wir Mittagspause gemacht haben) ist insgesamt etwa elf Kilometer lang.
(!) Hier kann man sich gut an Infotafeln mit Entfernungsangaben zum Wall selbst orientieren.
Um mehr über die historischen Hintergründe zu erfahren, empfehle ich einen Abstecher in das Danevirke Museum, von wo aus wir zu unserer Rundtour gestartet sind. Hier bekommt man Einblicke in das gesamte Weltkulturerbe Haithabu-Danewerk und in die Bedeutung der Wall- und Schanzenanlagen im deutsch-dänischen Krieg 1864 sowie in die Geschichte der dänischen Minderheit.