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Spätwinter auf den Lofoten: Wandern und genießen

Wenn die Tage merklich länger werden und die Berge noch mit Schnee bedeckt sind, ist eine tolle Zeit, um die Lofoten zu erkunden. Hier und da sind noch Schneeschuhe nötig, während andernorts bereits Wanderstiefel genügen. Dabei ist es immer ratsam, sich an die Tourentipps und Regionsinfos der Einheimischen zu halten.

So verlockend es ist, einfach loszulaufen, so viel Gefahr kann unter der Schneedecke lauern: Wenn es mal friert und mal taut und die Sonne tagsüber mit Kraft rauskommt, verlieren die winterlich dicken Schneedecken ihre Stabilität. Weiß man dann nicht, was sich darunter befindet, oder sinkt überhaupt zu tief ein, kann das unlustig enden. Daher mein Tipp vorweg: Bloß nicht völlig unbedarft losgehen, sondern sich anhand von Karten, Wetterbeobachtung und dem Wissen der Menschen, die vor Ort leben, vorbereiten!

Für mich ist das völlig unkompliziert möglich. Ich wohne bei meinen Freunden Stef und Leif Arne. Beide sind Draußenmenschen und kennen ihre Heimatregion. Ich kenne die Lofoteninsel Vestvågøya bislang nur im Spätsommer und erinnere Touren und Ausblicke mit ganz viel Staunen. Aus dem komme ich auch diesmal nicht raus, als wir uns Vestvågøya nähern. Stef und ich waren bereits ein paar Tage zusammen unterwegs. Ein kleiner Winterroadtrip führte uns vom nordnorwegischen Harstad nach Hamarøy und nun weiter auf die Lofoten.

Mit Tourhund Max um den Steirapollen

Ich bin ein Winterkind und genieße jede Runde da draußen. Ich schnappe mir Max, den weltbesten Tourhund, und stapfe um den See Steirapollen. Max zieht an der Leine, schnüffelt und tapselt leichtfüßig durch den Schnee. Das gelingt mir nur hin und wieder; der Schnee ist sogar hier, wo es Anfang April merklich zu tauen begonnen hat, noch ganz schön hoch. Ich sinke bis zu den Knien ein.

Auf halber Strecke ist eine kleine Pause angesagt. Das Stapfen tut ebenso gut wie es anstrengt. Auch das liebe ich am Winter. Es ist zwar ein trüber Tag, an dem wir uns für diese kleine Runde entschieden haben. Doch die Energie von Max, die Landschaft um mich herum und dann noch eine zauberhaft eingerichtete kleine Hütte direkt am Weg lassen innerlich keine Trübheit aufkommen.

8,5 Kilometer ist diese Runde lang – und ein Beweis dafür, dass man auf den Lofoten überall tolle Möglichkeiten für auch kleine Spaziergänge und Touren findet. Es müssen nicht immer die superbekannten Ecken sein. Vor allem nicht im Sommer: Ouvertourism ist schon längst ein Thema auf den Lofoten und eines, dem auch entgegengewirkt werden kann, indem man sich für den Besuch eine andere Jahreszeit und Orte jenseits der Hotspots aussucht. Denn eines kann ich Dir verraten: Hübsch ist’s überall.

Hotspot einmal anders: Rundwanderung ab Haukland Beach

Das gilt übrigens auch für die Regionen, die wir auf unseren kleinen Roadtrip besucht haben. Fjäll und Meer, Höhe und Wasser und dazu dieses fantastisch tolle nordische Licht – das gibt’s auch zwischen Bodø, Harstad und weiter nördlich. Hier findest Du Landschaften, die Outdoorherzen nur höherschlagen lassen können, und die im Sommerhalbjahr zu ausgedehnten Paddel- und Wandertouren und im Winter zu Runden mit Skiern, Schneeschuhen und Seekajaks einladen.

Meine langjährige Freundin Stef und ich wählen für eine Nachmittagstour einen absoluten Lofoten-Sommer-Hotspot aus: Haukland Beach ist dann zugeparkt und übervölkert. An diesem Spätwintertag steht gerade einmal eine Handvoll Autos auf dem Parkplatz und Einheimische suchen den Weg hoch zum 400 Meter hoch gelegenen Aussichtspunkt Mannen Haukland. Tourhund Max hat beim Finden der besten Route wieder die Schnauze vorn. Stef und ich müssen vorsichtig sein: Die Sonne waltet mit Kraft; Schnee wird zu Wasser und die Pfade rutschig.

Oben angekommen, halten wir unsere Gesichter in die Sonne. Es gibt ein typisch norwegisches Oster-Picknick mit Orange, Kvikklunsj-Schoki und heißem Tee. Der Fels hinter uns blitzt bereits aus seinem Winterkleid hervor. Miniseen erstrahlen in kaum zu beschreibenden Blautönen. Und der Blick beim Abstieg hinunter zum Strand von Uttakleiv ist so, wie man ihn sich in Nordnorwegen eben vorstellt. Mit vereinzelten bunten Häusern am Fuße des Berges und Nordmeer bis zum Horizont.

Ich habe den Eindruck, die Sonne gibt alles und noch ein bisschen mehr, je näher es ihrem Untergang für heute geht. Immer wieder muss ich anhalten, mich umsehen, den Meereswellen lauschen und die Kamera zücken.

Als wir nach neuneinhalb Kilometern am Auto ankommen, ist der Strand von Haukland fast leer. Wir setzen uns auf blank geschliffene Felsen. Die Augen verlieren sich zwischen feinem Sandstrand, Bergen und Miniwolkenfetzen, die am Himmel herumziehen, als würden sie für ihren Dekojob bezahlt.

Jahreszeiten, Stockfisch und Käsekuchen unter bunten Kerzen

Das Haus von Stef und Leif Arne liegt – wie könnte es anders sein auf den Lofoten – am Fuße eines langgezogenen Berges. Bei einer gemeinsamen Runde über die Insel Sandøya wird fachmännisch darüber diskutiert, wann es die Sonne in diesen Tagen wohl zum ersten Mal wieder über den Bergrücken schafft. Man fiebert der Sommerzeit entgegen, auch wenn Schnee und Eis hier noch etliche Wochen zum Alltag gehören.

Es ist das bewusste Wahrnehmen der Jahreszeiten, die hier oben, gute einhundert Kilometer nördlich des Polarkreises, ihre ganze Dimension entfalten, das mich glücklich macht. Dort, wo Winter lang und hart sein können, und dort, wo die Kontraste zwischen den jahreszeitlichen Wechseln intensiv sind. Wo man ganz natürlich jahrein, jahraus draußen in der Natur unterwegs ist und die gemütlichen Momente in kleinstädtischen Cafés ganz besonders genießt.

Wir fahren für ein paar Stunden nach Henningsvær. Ich erinnere mich an mein letztes Mal auf den Lofoten und an das Café Lysstøperiet, in dem cremiger Käsekuchen auf buntes Handwerk trifft: Die Wände zieren lang gezogene Kerzenpaare in pastelligen bis knalligen Tönen. Natürlich kaufe ich ein paar Mitbringsel aus der Kerzenmanufaktur, ehe es Zeit ist für eine Premiere: Noch ist Trockenfischsaison und der bekannte Fischerort geprägt von den riesigen Holzgestellen, an denen Kabeljau, Seelachs und Co in uralter Tradition, nämlich seit dem achten Jahrhundert, haltbar gemacht werden. Zum ersten Mal spaziere ich also unter Stockfisch hindurch.

Norwegischer Frühlingswinter und Nordlicht zum Abschluss

Beim nächsten Cafébesuch neigen sich die gemeinsamen Tage ihrem Ende entgegen: Stef und ich sitzen in Leknes im Huset kafé. So klein es ist, so gut gefällt es uns hier. Auch dieses Café erinnere ich von meinem allerersten Besuch auf den Lofoten. Damals gab es Kaffee und Frühstück nach einer morgendlichen Wanderung auf den Berg Justadtinden. Heute genießen wir einen entspannten Moment nach einer ebenso entspannten kleinen Hochgehrunde von Vendalsjorden aus Richtung Tjønndalsheia. Weit gekommen sind wir da nicht, denn der Vårvinter hat uns mit all seinem Zauber erwischt: Der “Frühlingswinter”, diese besondere Zeit an der Schwelle zwischen Winter und Frühling, wenn die Sonne wärmt und der Nachthimmel noch immer Nordlichter hervorbringen kann, lässt uns ausgiebig pausieren und in aller Ruhe jenseits des Weges im weichen Moos liegen.

Es ist still. So still, wie auf meiner Solo-Abschlussrunde am nächsten Tag, als ich erlebe, was “Frühlingswinter” eben auch ist: Der Pfad in das Tal Knutstaddalen ist schwer zu erkennen. Ich vernehme Wasserplätschern, sehe hier und da kleine Rinnsale von rechts nach links ziehen und sinke mit fast jedem Schritt ein. Nein, dieses Terrain ist nichts für eine Solotour ohne Ortskenntnis und noch nichts ohne Schneeschuhe!
Ich kehre um, folge erst dem Knutstadveien nach Osten und dann der Straße Haverringen, bis ich rechts zur Halbinsel Storøya abbiegen kann. Die hat Stef mir empfohlen und schnell weiß ich, warum. Ich schaue hinaus Richtung Meer und ertappe mich bei dem Gedanken an eine Paddeltour. Vom Steirapollen über den Alstadpollen, an Storøya vorbei, vielleicht in Richtung der Insel Vikarøya …

Schließlich bleibt nur, all diese Herzenseindrücke fest in mir zu verankern und einen letzten Abend mit meinen Freunden zu verbringen. Für diesmal. In dicke Winteranzüge gemummelt, sitzen wir auf Sommerpolstern um die Feuertonne. Die Rotweingläser sind von der Kälte beschlagen. Wir lachen, singen und schwelgen in Erinnerungen. Während sich der norwegische Vårvinter noch einmal ganz leise selbst in Erinnerung ruft – mit dem wohl schönsten Geschenk, das er einem in just einer solchen Nacht bescheren kann: In grünem Gewand beginnen zarte Nordlichter über den Himmel zu tanzen. Wir schweigen.

Info & Tipps:

Der späte Winter ist eine tolle Zeit, um Nordnorwegen zu besuchen. Die Tage sind bereits länger, der Schnee ist noch da. Und wer intensive Jahreszeiten mag, ist hier ohnehin sehr richtig.
Die Inselkette der Lofoten hat ihre Bekanntheit zurecht erreicht. Kontraste, Höhen, Meer, Gemütlichkeit – das hat schon was. Allerdings führen die mitunter sehr üppigen Ströme an Reisegruppen und Wohnmobilisten die Natur, die Infrastruktur und die Einheimischen in den Hochzeiten über die Belastungsgrenze hinaus. Daher mein Tipp: Wählt Randzeiten, schaut Euch jenseits der bekanntesten Hotspots um und genießt das, was diese Region in meinen Augen ausmacht: ihre natürliche Schönheit, ihre natürliche Ruhe und die Freundlichkeit der Menschen, denen man zwischen Fjäll und Miniinseln begegnet. Die Berge der Lofoten ragen übrigens vom Meeresspiegel aus bis zu 1.161 Meter in die Höhe.

Viele Wege führen auf die Inselgruppe nördlich des Polarkreises, zum Beispiel von den Flughäfen Bodø und Harstad/Narvik aus. Wenn Du Dir etwas mehr Zeit nehmen kannst, schau Dich ruhig auch etwas zwischen diesen Städten um! Auch da ist’s einfach traumhaft schön und die Voraussetzungen für Draußenabenteuer sind perfekt.

Für Tourplanungen nutze und empfehle ich die Tourenkarten (norwegisch: turkort) von nordeca, die es vor Ort in Buchläden und in Deutschland zum Beispiel bestellbar in der Geobuchhandlung Kiel. Die hier skizzierten kleinen Winterwanderungen finden sich auf dem Blatt Nr. 2673, “Vestvågøy”.

Wie eingangs erwähnt, ist es wichtig, sich besonders im Winter mit dem jeweiligen Tourterrain und den Witterungsbedingungen auseinanderzusetzen. Ob Skilanglauf auf einem zugefrorenen See oder eine Schneeschuhtour: Die Locals wissen, was wo geht, und auch, welche Ausrüstung zu empfehlen ist. Bei tiefem Schnee nämlich kommt man mit Wanderschuhen nicht weit, dann sind Schneeschuhe die bessere Wahl. Außerdem empfehle ich Dir, zur Winterzeit Gamaschen und unbedingt festes Schuhwerk einzupacken.

Extra-Tipp:
Wenn Du in Nordnorwegen unterwegs bist, fahr auch mal ein Stück auf der Postschiffroute Hurtigruten! Ursprünglich als Post- und Versorgungsstrecke etabliert, gilt diese Seereise entlang der westnorwegischen Küste heute als eine der schönsten der Welt. Ich bin vor etlichen Jahren mal das kleine Teilstück von den Lofoten nach Bodø gefahren und Stef empfiehlt mir schon lange, einmal von Tromsø aus mit dem Schiff auf die Lofoten zu kommen. Mit Stopp in Harstad und mit Vorbeifahrt an der nächsten spannenden Inselgruppe, den Versterålen

Alle Infos und Links: Stand Februar 2024

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