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Minus 13 Grad und Schnee: Winterwandern mit Zelt

Sonnenschein, kaum Wind, immer noch Schnee, dazu zapfig-kalte Nächte: So ist die Prognose für das vorerst wohl letzte Winterwochenende in Nordfriesland. Die Bedingungen sind perfekt, um mir endlich einen kleinen Traum zu erfüllen. Ich möchte bei Schnee und Eis und Minusgraden wandern und zelten.

Der Wunsch hatte sich vor etwa zwei Jahren angeschlichen. Er blieb, verankerte sich in meinem Kopf. Im letzten Winter fehlte der Schnee. Den haben wir nun. Ich habe zudem meine Ausrüstung aufgestockt und finde, es wird Zeit, diese mal unter etwas extremeren Vorzeichen als plus/ minus null Grad und etwas Nachtfrost auf Paddeltouren Ende April oder Anfang November zu testen.

Mikroabenteuer mit Sicherheitsnetz

Es klingt vielleicht etwas schräg, aber ich freue mich auf dieses kleine Wochenendabenteuer! Etwas Respekt habe ich dennoch. Immerhin bedeuten minus 13 Grad, dass meine nächtliche Umgebungstemperatur rund 30 Grad unter dem liegen wird, was man von daheim gewohnt ist.
Weil es das erste Mal bei solch winterlicher Temperatur ist, plane ich meine Tour so, dass das Auto nicht weit vom auserkorenen Übernachtungsplatz entfernt steht. Im Notfall könnte ich also schnell zusammenpacken und abbrechen.

Dazu allerdings kommt es nicht und ich werde meinen Sonntagmorgenkaffee mit zwei Mützen auf dem Kopf in meinem Zelt genießen. Nach einer Nacht im Wald, die so ruhig verlaufen soll, dass ich glatt eine gute Stunde später aufwache als das üblicherweise zuhause der Fall ist. Vier Stunden habe ich bis dahin durchgeschlafen. Die Zeit davor war von Schlaf- und Wachphasen durchzogen. Weil die Zeit im Zelt um diese Jahreszeit eben einfach lang ist und man entsprechend lange liegt.

Loipen und Tiefschnee auf Nordfriesisch

Aber erst mal zurück zum ersten Tag: Mein Zelt baue ich am Spätnachmittag auf, nach einer kleinen dreistündigen Wanderung im Langenberger Forst. Während dieser staune ich, wie tief der Schnee teilweise noch ist. Im Unterschied zu den Wäldern, in denen ich meine eigenen Spuren mit den Langlaufskiern gezogen habe, erkenne ich außerdem ein fantastisches Netz an ebenfalls selbst gespurten “Loipen”. Hier also haben etliche Wintersportler die Chance genutzt und ihre Runden auf den Skiern gedreht. Fantastisch!

Weil das Wetter so traumhaft ist, meide ich die Hauptwege im Forst. Ich schleppe meinen dicken Rucksack über Reitwege und schmale Pfade und erkunde den südlichen Bereich des Waldes, den ich noch nicht kenne. Hier ist wenig los und es sieht mich – hoffentlich – auch keiner, wie ich mich wieder und wieder freue wie ein kleines Kind: Winter ist einfach so toll und das Gepäck auf dem Rücken macht mir angesichts dieser Kulisse so gar nichts aus. (Anstrengend ist’s trotzdem, das Stapfen im Schnee. Nicht unterschätzen bitte und bei der Tourenplanung berücksichtigen!)

Weil im Winter manches anders ist …

Schwer ist der Rucksack, weil bei diesen Bedingungen nicht das Drei-Jahreszeiten-Minizelt genügt, sondern die wintertaugliche Variante sein muss. Mit mehr Platz im Inneren für die Ausrüstung und das mitunter ungelenkige Handtieren in der Kälte. Und vor allem, weil mehr Raum und Luft um mich herum bleiben und die Zeltwände nicht mit dem Daunenschlafsack kuscheln. Der mag Feuchtigkeit nämlich nicht so sehr.
Feucht wird’s natürlich in der Nacht und ich bin am Morgen froh, dass ich fix zusammenpacken kann und weiß: Zelt, Schlafsack und Matte werden später in der Wohnung ausgebreitet und können trocknen. Mehrere Draußennächte in Folge sind da schon eine andere Nummer …

Wie klingt Winterwald?

Als ich meinen Gaskocher in der Früh nochmal eine Stufe höher drehe, um das Wasser endlich zum Kochen zu bringen, überlege ich, was genau mich an diesem Gedanken, bei Eis und Schnee zu zelten, eigentlich so reizt. Muss ich mir immer wieder etwas Neues einfallen lassen, das meine persönlichen Grenzen weiter verschiebt? Muss ich mir etwas beweisen? Ist’s die reine Neugier daran, wie sich das so anfühlt? Die Neugier ist sicherlich dabei. Aber vor allem geht es mir um eines: Die Natur zu erleben, auch jenseits dessen, was wenig Vorbereitung benötigt. Ich liebe es, zu hören, wie abendliche Ruhe einkehrt im Wald und ich liebe es noch viel mehr, einen neuen Tag von Anfang an draußen zu genießen.

Ich möchte wissen, wie der nächtliche Wald im Winter klingt und inwiefern es sich für mich anders anfühlt als im Sommer. Dabei bin ich zugleich mit so wenig und so vielem beschäftigt, nicht aber mit dem, was in irgendeiner Form mit meinem Alltag zu tun hat. Das ist im Winter definitiv ausgeprägter als bei Plusgraden: Der Körper will warmgehalten werden. Jede Sekunde, die man beim Aufbau zu lange mit den Zelthaken im Schnee herumwühlt, kostet Energie. Schnee hat im Zeltinneren nichts verloren, lässt sich aber nicht ganz vermeiden. Die Gefahr droht von unten, also sind Thermokissen und Matte im Zelt als erstes einzurichten.

In der Nacht vibriert mein Blutzuckermessgerät: “Glukosewert bald zu niedrig.” Ich schäle mich entgegen meinem Warmhaltewillen ein Stückchen aus dem Schlafsack, um meine eiskalte Notration zu mir zu nehmen. Langsam, denn Kälte von innen ist auch nicht angenehm.
Selbst die im Zelt aufbewahrten Schuhe sind am Morgen steif. Der Einstieg ist weniger geschmeidig als im Sommer. Gleiches gilt fürs Zusammenrollen von Liegematte und Zelt.

Zelten im Winter ist eine andere Nummer als im Sommer. Und doch macht’s irgendwie Spaß. Die Vorbereitung, die Vorfreude und eben auch der Respekt vor dem, was einen erwartet. Für mich war’s definitiv nicht die letzte Tour im Winter und ich bin echt glücklich, dass es hier in Schleswig-Holstein im Rahmen der Initiative “Wildes SH” Zeltplätze gibt, die solch kleine Alltagsfluchten völlig legal ermöglichen.
Auch wenn ich noch immer nicht sagen kann, wie der Winterwald in der Nacht klingt. Weil ich zum Einen (zu) gut geschlafen habe und man zum Anderen durch Mütze und eng um den Kopf geschnürte Schlafsackkapuze nicht viel hört. Außer den eigenen Atem und das Geraschel vom gelegentlichen Herumgeneste auf dem Lager.

Ausrüstung und Tipps:

Zelt: Exped Venus 2 Extreme, mit Footprint
Mit diesem Zelt bin ich seit rund elf Jahren auf meinen Paddeltouren unterwegs. Es hat zwei Absiden, ist für eine Person mit Gepäck auch dann ideal, wenn man mal abwettern muss, und auch zu zweit ist’s perfekt. Es ist kein UL-Zelt, weswegen ich es beim Solo-Wandern wirklich nur im Winter nutzen würde.

Liegematte: Therm-a-Rest NeoAir XTherm mit R-Wert 6,9
Diese Matte habe ich mir extra für Abenteuer jenseits der Null-Grad-Marke gegönnt. Weil Wärme von unten wichtig ist. Ich habe sie seit dem vergangenen Herbst im Einsatz und bin auch jetzt im Winter sehr zufrieden. Sie nimmt die Körperwärme auf und hält mit einer Dicke von 6,4 Zentimetern angenehm warm. Mag sein, dass sie etwas raschelt. Das stört mich, wenn ich schlafe, nicht. Ob es Mitwanderer oder -paddler stört, wird sich noch zeigen … 😉 Doch ganz ehrlich: Irgendetwas hört man immer, wenn man sich auf diesem Matte-Schlafsack-Kissen-Konstrukt bewegt. Das bleibt nicht aus!

Schlafsack: Exped Women’s Comfort -10°
Der Komfortbereich liegt bei minus vier, das Limit bei minus neun Grad und der Extrembereich bei minus 27. Damit ist das Modell “Winter light”-tauglich. Dass es so kalt wird wie eben in diesem Winter in Nordfriesland, ist da, wo ich unterwegs bin, selten. Ich habe mich vor allem für diesen Schlafsack entschieden, um es auch auf Herbsttouren in Schweden und auf frühen Paddeltouren hierzulande angenehm warm zu haben. Mit einer (langbeinig und langärmlig) doppelten Merino-Schicht am Körper, zwei Paar Socken, zugeschnürtem Kragen und Mütze und Buff unter der Kapuze habe ich auch bei minus 13 Grad nicht gefroren.
(Fun Fact: Dieser tolle Schlafsack kommt sogar in meinen Blog-Farben daher! ♥)

Tipp 1:
Ich habe immer Thermositzkissen im Rucksack und war auf meiner Tour froh, dass ich zwei Stück eingepackt hatte. So konnte ich beim Einrichten des Zeltes und morgens beim Zusammenpacken bis zuletzt darauf hocken, um möglichst wenig Kälte von unten an mich heranzulassen.

Tipp 2:
Steif gefrorene Ausrüstung lässt sich umständlicher und weniger klein verpacken als man das von den Sommertouren kennt. Ich empfehle ausreichend große Packsäche und im Zweifelsfall auch den größeren Rucksack. Denn Stopferei mit kalten Fingern macht keinen Spaß, kostet unnötig Zeit ohne Ganzkörper-Bewegung und die Materialien von Zelt und Co vertragen es bestimmt auch besser, wenn sie in diesem winterlichen Zustand nicht zu doll gequält werden. 😉

Mein Diabetes-Tipp:
Für das temperaturempfindliche Equipment habe ich ein kleines Daunentäschchen dabei. Das Insulin transportiere ich darin tagsüber körpernah im Rucksack. Nachts habe ich mein Messgerät in der kleinen Innentasche des Schlafsacks verstaut und das Täschchen mit dem Insulin ebenfalls mit im Schlafsack. Denn: Was frei im Zelt herumliegt, friert ein!
Die sonstigen unempfindlicheren Sachen habe ich über Nacht im Rucksack verstaut, um sie vor Feuchtigkeit zu schützen.

Winterzelten mit Diabetes_Insulin warmhalten


Dieser Beitrag enthält unbeauftragte und unbezahlte Werbung in Form von Produktnennung.

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2 Antworten

    1. Vielen DANK, lieber Olli, für die schöne Rückmeldung. 🙂

      Ja, das Sommergefühl, das sich da gerade einstellt, ist auch nicht schlecht. Und funktioniert, wie ich finde, überall dort am allerbesten, wo man richtige Jahreszeiten hat. Mit echtem Winter und echter Vorfreude aufs Frühjahr – und mit intensiven Sommern. 💜

      Fröhliche Grüße zurück!

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