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Wintermeer und Kleinstadtflair: Zum Jahreswechsel nach Ystad

Zwei Freundinnen, die gemeinsam verreisen wollen. Der Wunsch nach ein paar ruhigen Tagen an einem Ziel, das für beide gut mit der Bahn erreichbar ist. Die Lösung: die südschwedische Hafenstadt Ystad. Von uns gibt’s volle Punktzahl für den Entspannungsfaktor, für Gemütlichkeit, Entdeckerpotenzial und grandios schöne Überraschungen an leisen Kopffreitagen zwischen Wintermeer und Kleinstadtcharme.

Ystad_Städtetrip Schweden im Winter

Wichtel, Strand und Kardamom

Ystad zum Jahreswechsel heißt rot gekleidete Wichtel hinter Fensterscheiben und pinke Hyazinthen unter Schneemänteln. Es heißt Wintersturm und Drinnenzeit und spürbare Vorfreude auf den nahenden Frühling, obwohl uns der Winter – sehr zu meiner Freude – seine kalte Schulter zeigt.

Für vier Nächte haben wir uns in einem ebenso gemütlichen wie bei Windstärke zehn zugigen AirBnB eingemietet. Wir kochen und klönen und lassen uns einfach mal treiben. Ein gemütlicher Kaffee am Morgen. Ein verträumter Blick aus dem Fenster, als dicke Schneeflocken um kahle Birkenzweige tanzen. Dann die erste Frage des Tages: „Wollen wir erst an den Strand oder erst in die Stadt?“

Das Fantastische an Ystad ist: Die Stadt ist klein. An die 32.000 Menschen leben hier. Alles ist fußläufig erreichbar und es wäre ein Leichtes, mehrmals am Tag zwischen Strand und Zentrum zu pendeln.

Ystad_Badehäuser im Winter
Ystad_Winter am Meer_Wellen

Haben wir das neue Jahr am Vortrag ebenso tapfer wie im vollen Genuss von Wind und Grau und Wellenklatschen am Strand begrüßt, entscheiden wir uns heute für Frühstück im Café und Bummelei.

Das muckelige Söderberg & Sara ist mir von einem früheren Besuch in Erinnerung. Es duftet nach frisch gebackenem Brot. Ich beiße in meine Kardamomschnecke. Am Tisch nebenan führen zwei Journalistenkollegen ein Interview. Wir genießen derweil still die Wärme im Drinnen. Ohne Arbeit, ohne Alltag.

Fachwerk, Shopping, Kunsthandwerk

Zwei Becher Kaffee später reißen wir uns los. Zartes Schneegestöber und Sonnenstrahlen buhlen um unsere Gunst. Erfolgreich, in genau dieser Mischung. Schnell sind die Kamerafinger kalt und das Herz wird immer wärmer. Wir stromern durch kleine Secondhand-Läden und befreien Wintertassen in der Außenauslage vor Geschäften von ihren Schneehauben.

Ystad_Städtetrip_Altstadt

Fachwerkgassen leiten uns intuitiv von der Hauptachse der Fußgängerzone weg und wieder zurück. Hier eine hübsche Haustür, dort ein schlichter Winterkranz. Dazwischen ein paar Wichtel mehr. Auch sie kann und sollte man dringend vom Schnee befreien, zumindest auf ihren roten Knollennasen!

In den Gassen und Hinterhöfen warten Kunst und Handwerk auf Besucher, während ich langsam in Shoppinglaune komme. Das ist selten der Fall und spricht für Ystad – und für meine Begleitung. Ein Wollpullover mit flauschigem Zöpfchenmuster wandert in die Einkaufstasche, ein frühlingsbuntes Tuch gleich hinterher. Ich bleibe im Thema der Kontraste und Übergänge, das in diesen Tagen in Ystad allgegenwärtig zu sein scheint.

Ystad_Städtetrip im Januar_Andrea C. Bayer

Vom Zuckerglück zum Kirchenraum

Das gilt auch für Cafés: Der Chai Latte im Tagesangebot kommt noch mit üppiger Weihnachtsgewürzmischung daher, während ich mir nach unserer Shoppingrunde den ersten Semla der Saison gönne. Zugegeben: Früher habe ich den Hype um das aufgeschnittene Hefegebäck mit seiner mächtigen Sahne-Mandelmassen-Füllung nicht verstanden. Heute freue ich mich, dass es Semlor (Plural von Semla) nicht nur, wie traditionell üblich, am Faschingsdienstag, sondern zwischen Weihnachten und Ostern gibt.

Mein Tipp: Im Maria Caféet neben der Sankt-Marien-Kirche gibt’s Mini-Semlor. Die haben genau die richtige Größe für uns, die wir uns bei der tollen Auswahl an Süßem und Herzhaftem kaum entscheiden können und gleich mehrfach zuschlagen.

Eine gute Entscheidung ist es, mit Seelenfutter im Bauch erst einmal nur wenige Meter hinüber zur S:ta Maria kyrka zu gehen. Die Anfang des 13. Jahrhunderts als ursprünglich katholische Kirche im romanischen Stil erbaute Kirche ist das älteste Gebäude von Ystad und lohnt einen Besuch. Nicht nur, dass die Kinder- und die Leseecke zum Verweilen einladen. Der gesamte Kirchenraum zeugt mit seiner Architektur, seinen Grabplatten, seinen Fischerbänken und mit seiner Turmwächtertradition von jahrhundertelanger Kirchen- und Kulturgeschichte.

Ystad_Sankt-Marien-Kirche

Kunst, Genuss und ein Sonnenuntergang am Meer

Wir laufen uns warm in Sachen Kultur: Der Veranstaltungskalender des Kunstmuseums kündigt für den nächsten Tag eine Lunch-Führung an. Wir gehen hin und sind hin und weg. Haben wir mit der Vorschau auf die aktuelle Ausstellung „The Human Orchid“ gefremdelt, öffnet uns die kleine kostenfreie Mittagsführung ebenso unaufgeregt wie mit genau richtig dosierten Hintergründen die Tür zum Werk der in Malmö lebenden Künstlerin Lena Bergendahl. Wir tauchen ein in Formen, Strukturen, Perspektiven. Wir schauen Filme und bleiben so lange, dass wir den kurzfristig wohl etwas euphorisch auch noch für diesen Nachmittag eingeplanten Besuch im Museums des Klosters auf ein nächstes Mal verschieben. Dann ist’s vielleicht grüner und bunter draußen und wir verweilen noch länger im Klostergarten, als wir das auf unserer heutigen Stippvisite tun.

Wir stärken uns im Restaurant Grändens Mat. Ein heißer Fischeintopf, ein Glas kühler Weißwein und eine Freundin, mit der sich diese wohltuende Mischung aus Erlebnis und Genuss von ganz allein ergibt: Was braucht man mehr, um ein neues Jahr gar würdig zu beginnen?

Wir entscheiden uns noch für eine Sonnenuntergangsrunde ans Meer. Der Wind hat sich gelegt und leicht überfrorenen Strandsand hinterlassen. Der knackt unter unseren dicken Schuhen. Muscheln sind von kristallenem Weiß überzogen. Gräser malen Spuren in den Schnee.

Unsere Wangen strahlen in eisiger Kälte freudig rot, während sich das satte Gelb des Winterhimmels langsam zurückzieht. Wir atmen tief durch, schweigen und gehen nahezu beseelt zurück. Durchs Sommerhaus-Wäldchen, zu einem letzten Abend mit Ferienwohnungsbüffet und mit dem guten Gefühl, mit Ystad die absolut richtige Wahl für unsere kleine Mädelsauszeit getroffen zu haben.

Ystad_Strand und Meer im Januar
Ystad_Sonnenuntergang Januar

Infos & Tipps

Ystad zum Jahreswechsel:
Ystad liegt an der Südküste von Schweden und ist von Deutschland aus prima mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Man kann mit dem Eurocity ab Hamburg nach Kopenhagen und von dort aus weiter und über die Öresundbrücke mit dem Zug bis direkt nach Ystad fahren. Oder man nimmt eine Fähre ab Rostock oder Travemünde. Die fahren nach Malmö und nach Trelleborg. Von dort geht es dann ebenfalls mit der schwedischen Bahn nach Ystad.

Die Stadt ist klein und bietet doch genug für einen mehrtägigen Aufenthalt. Ob Hotel oder AirBnB: In Ystad ist nichts weit entfernt und man kann prima zu Fuß unterwegs sein. Rund um den Jahreswechsel ist’s noch entspannter als zur Hochsaison, wenn mehr Tages- und durchreisende Fährgäste unterwegs sind. Zwar hat so manches Geschäft im Januar Winterruhe, doch ist das ja nicht schlimm, wenn man sich einfach mal ohne feste Pläne und „Programmstress“ treiben lassen möchte.
Das geht in den heimeligen Gassen mit viel Fachwerk und bunten Häusern ausgesprochen gut. Und die Übergangsstimmung zwischen Weihnachten, Neujahr und sich vorsichtig anbahnendem Frühjahr ist eine ganz besondere in der kleinen Stadt.

Cafés, Kultur, ein wenig Shopping und dann für eine ausgiebige Runde an die Küste: Uns hat das gemütliche Schlendern, Entdecken und Genießen gut gefallen. Natürlich kann man das auch auf den Spuren des bekannten Literatur- und Film-Kommissars Kurt Wallander tun. Wir haben uns intuitiv unsere eigenen Wege gesucht und hatten nach knapp vier Tagen das Gefühl, gerne nochmal wiederzukommen.

Gut zu wissen:
Die Supermärkte schließen am 31. Dezember ein wenig früher und öffnen am Neujahrstag ein bisschen später als gewohnt – doch ist die Grundversorgung garantiert, auch wenn man an einem dieser beiden Tage ankommt.

Weitere Infos:
www.visitystad.se

Meine Top-Tipps für Ystad:

  1. Frühstück bei Söderberg & Sara
  2. Fika im Marias Caféet
  3. Zur Mittags-Führung ins Kunstmuseum
  4. Lecker essen im Restaurant Grändens mat
  5. Stöbern im Retro-Geschäft Iris
  6. Zum Sonnenuntergang ans Meer

Alle Links und Informationen: Stand Januar 2025.

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