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#Montagsgedanken: Die Magie des Wartens in der Natur

Wer wartet schon gerne? Warten bedeutet Ungeduld und Unsicherheit und ist zumeist eine eher unangenehme und erzwungene Tätigkeit. Erzwungen ist auch das Warten in der Natur. Und doch ist es ein anderes Warten als das, welches wir im Alltag erleben. Warum fällt es uns leichter, im Draußen zu warten? Warum stört es mich weniger, einen Regenschauer abzuwarten als eine berufliche Rückmeldung?

Frankreich_Wandern_Südvogesen_Andrea C. Bayer

Es ist Montagmittag. Ich stehe an einem überschaubaren Teich. In Frankreich, im Süden der Vogesen, inmitten der Region der 1.000 Teiche, auf dem Plateau des Mille Étangs. Ich fotografiere für einen beauftragten Artikel. Der Étang de Plate Pierre ist ein Stopp auf meinem Weg. Eigentlich möchte ich heute noch eine Wanderung machen. Die Kulisse aus Teich, Wald und Steg aber ist zu verlockend. Das Stativ ist aufgebaut, das Objektiv gewechselt. Regen setzt ein. „Ein kleiner Schauer“, denke ich und räume die Ausrüstung unters schmale Vordach einer kleinen Angelhütte. Zwangspause.

Wenn das Warten entspannt

Gedankenlos verliert sich mein Blick im Geprassel der immer härter und in immer größerer Anzahl auf die Oberfläche des Teiches auftreffenden Regentropfen. Zum ersten Mal seit meiner Abreise fühle ich mich entspannt. Ich nehme den Regen an, harre aus, genieße es gar, in völliger Stille und völlig alleine hier draußen zu sein. Ich nutze den Moment für ein paar Stories auf Instagram. Wie wunderbar, das einfach mal zwischendurch zu erledigen und nicht erst am späten Abend nach einem langen Tag!

In meinen Stories erzähle ich etwas von der Vorfreude auf das Licht nach dem Schauer. Die Temperaturen sind so, dass ich einen Dunstschleier über dem Wasser erwarte. Bald ist er da. Der Himmel bleibt grau. Das Licht bleibt aus. Es beginnt erneut, zu schütten. Nach eineinhalb Stunden gebe ich auf: Aus dem Schauer ist Dauerregen geworden.

Outdoorfotografie_Frankreich_Andrea C. Bayer

Meine Pläne sind durchkreuzt. Das Zeitfenster für die Fotoproduktionen wird kleiner; der Druck wird größer: Ich schreibe nur über das, was ich echt erlebt habe. Ich fotografiere, während ich erlebe. Heute bleibt mir nur, die Gegend für weitere Fotospots zu erkunden und mich auf die kleinen Orte zu fokussieren. Ich schlendere durch menschenleere Gassen und passiere Minibrücken über Miniflüsse, die von hübsch bepflanzten Blumenkästen eingerahmt werden.

Das Warten fällt leicht. Liegt es daran, dass die Bedingungen in der Natur nicht zu ändern sind? Liegt es daran, dass hier draußen kein Platz für Erwartungen ist, wohl aber für Spontaneität sein muss? Die Natur lehrt uns Demut und Resilienz. Das, worüber manch einer im Alltag außer sich gerät, ist hier draußen klein und nichtig. Wir treffen Entscheidungen, für oder gegen eine Wanderung, für oder gegen das Weitergehen oder auch für oder gegen eine Änderung der Etappenplanung. Was so einfach klingt, kann lebensnotwendig sein. Die Tragweite von Entscheidungen, die auf Tour getroffen werden, ist oftmals eine größere.

Mehr Draußenpragmatismus im Alltag

An einem Tag wie heute hat die Zwangspause vor allem berufliche Konsequenzen. So ruhig ich innerlich bin, so fleißig bin ich bereits mit der Umplanung der vor mir liegenden Tage befasst. Ich werde mir schon morgen den Wecker auf 4.37 Uhr stellen, einen Spot für den Sonnenaufgang suchen, der dann hinter einer dicken Wolkenschicht doch nahezu unbemerkt und unfotogen vonstatten geht, und eine erste Wanderung vor dem Frühstück unternehmen. Zwei weitere werden bis zum Abend folgen. Ich werde Eindrücke sammeln und Menschen treffen, Interviews führen und Tipps folgen, die ich im besten Falle selbst als solche weitergeben kann.

Dazwischen werde ich warten. Auf den Rückruf einer Kollegin zur wetterbedingten Lagebesprechung, auf das Ende des nächsten Regenschauers und auf vielleicht doch noch einen Hauch Licht vor der nächsten Solo-Fotosession. All das gehört dazu. Momente wie der zwischen Teich und Fischerhütte haben dabei eine besondere Magie. Während ich mir ein klein wenig mehr Draußenpragmatismus für den sonstigen Umgang im Alltag wünsche. Mit mehr Ruhe, Umsicht und Verlässlichkeit und mit mehr Fokus für das, was wirklich wichtig ist.

Frankreich_Südvogesen_Kurzurlaub

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