Es ist der unaufgeregteste Städtetrip, den ich je unternommen habe: Nach drei Tagen Wandern auf dem Escapardenne Lee Trail verabrede ich mich mit einer Kollegin, die ich schon längst einmal treffen wollte. Sie lebt in Luxemburg und könnte mich mühelos von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten schleppen. Stattdessen lassen wir uns treiben. Wir genießen die gemeinsame Zeit und ich genieße Einblicke in eine Stadt, die vom ersten Moment an Lust macht auf mehr.

Zuhause bei Konrad
Es ist weit nach Mittag, als wir „Konrad“ erreichen. „Konrad“ ist Café und Bar in einem. Im „Konrad“ bestehen die Oberlichter der Fenster aus kleinen bunten Glasscheiben. Ein strahlend weißer Deko-Hirschkopf wacht über den Ausschank. Die Bilder an den Wänden hängen schief. Das Lächeln und herzliche „Moien“ der Gastgeberinnen geben mir schon beim Eintreten das gute Gefühl, hier mehr zuhause als nur willkommen zu sein.
Ehe ich mich recht umsehen kann, eilt Brigitte die Treppe hinab. „Komm“, ruft sie mir zu. Die Etage minus eins ist noch mehr Wohnzimmer als das Erdgeschoss von „Konrad“. Die Steinwände sind weiß getüncht. Die bunt zusammengewürfelten Möbel sind so retro, dass alles einfach stimmig wirkt. Ich schnappe mir ein Buch und ein Kissen mit Webbezug, setze mich in den Lichteinfall eines kleinen Kellertreppenfensters – und möchte am liebsten bleiben. Mein Blick wandert zu einem mittelbraunen Klavier in der Ecke. „Hier finden oft Konzerte statt“, erklärt Brigitte unaufgefordert und ergänzt: „Total nett ist es, wenn’s hier abends richtig voll ist und sich einfach jemand ans Klavier setzt, spielt und singt.“ Ja, das kann ich mir prima vorstellen. Der erste Grund, um mit mehr Zeit wiederzukommen, ist gefunden.

Weltoffen und entspannt
Schön Essen gehen, danach etwas durch die Altstadtgassen bummeln und sich dort niederlassen, wo Stimmung, Musik und Gesellschaft einen besonders abholen. Das ist typisch Luxemburg, wie ich erfahre. Ein bisschen erinnert mich das Setting der kleinen, oftmals verwinkelten und bunten Bars, Kneipen und Cafés an meine Studentenzeit. Die Klientel hier ist altersmäßig bunt gemischt. So, wie ganz Luxemburg eine muntere Mischung an Stilen, Sprachen und Kulturen ist.
Die Amtssprachen sind Luxemburgisch, Französisch und Deutsch. Die Atmosphäre ist ebenso kleinstädtisch wie weltoffen und entspannt. Luxemburg ist EU-Stadt und Banken-Stadt. An die 170 Nationen leben hier, während Luxemburg-Stadt mit seinen gerade mal an die 135.000 Einwohnern eine der kleinsten Hauptstädte Europas ist.
Passend zu meiner Wanderung durch die luxemburgischen Ardennen geht es auch in der Stadt ordentlich hoch und runter. Alleine die Altstadt ist in eine Ober- und eine Unterstadt aufgeteilt. Insgesamt drei Aufzüge erleichtern Einheimischen und Gästen das Überwinden der Höhenunterschiede. Wir gönnen uns den Ausblick aus der gläsernen Kabine des Pfaffenthal-Aufzugs, der uns hinunter in den Stadtteil Grund und damit in die Unterstadt bringt. Wir schlendern über Brücken, die den Fluss Alzette überspannen. Brigitte verrät mir ihre Lieblingsbäckerei.

Ausblicke und Glückspilztorte
Natürlich darf ein Spaziergang über „Europas schönsten Balkon“ nicht fehlen. So wird der Chemin de la Corniche liebevoll und keineswegs übertrieben genannt. Von den einst von Franzosen und Spaniern oberhalb der Alzette errichteten Wälle schauen wir auf Dächer und Häuser und die Abtei Neumünster. 1606 als Benediktinerabtei erreichtet, durchlebte der üppige Gebäudekomplex eine wechselvolle Nutzungshistorie: Er diente als Militärhospital und Männergefängnis und steht heute der Allgemeinheit als Kultur- und Konferenzzentrum zur Verfügung. Brigitte lenkt meinen Blick etwas weiter, hinüber zum weiß-roten Gebäude der städtischen Jugendherberge. Nicht nur, dass man hier recht zentral übernachten kann: Das Restaurant „Melting Pot“ steht auch Nicht-Gästen offen, serviert ein täglich wechselndes Mittagsgericht und Speisen in Bio-Qualität. Von der Terrasse aus blickt man auf die Gebäude der Altstadt, also nach dort, wo wir nun stehen.
Für uns ist es an der Zeit, dass wir uns den süßen Genüssen der Stadt hingeben. Gegenüber dem großherzoglichen Palast liegt das „Chocolate House“. Das macht seinem Namen alle Ehre und die Entscheidung schwierig. Zu grandios ist die Tortenauswahl. Wieder sitzen wir gemütlich in einem steinummauerten Raum. Mit Kunst an den Wänden und schon bald mit einem üppigen Stück Glückspilztorte vor mir auf dem Tisch.

Theater, Kunst und Kasematten
Theater auf Französisch, Kunst in der Nationalgalerie, Kneipenkonzerte am Abend: Die Aussicht auf all das, was ich hier erleben könnte, macht weder den Abschied von der Stadt noch von Brigitte leichter. Mit ihr stecke ich noch eben den Kopf in den Delikatessenladen von Léa Linster und wechsle ein paar Worte mit der Sterneköchin. Wir gehen ein paar Schritte durch Parkanlagen und dort entlang, wo Wegweiser gleich mehrere Möglichkeiten, die Stadt zu erwandern, erahnen lassen. Meine Vorfreude aufs nächste Mal wächst. Dann werde ich mich auch unter Tage begeben und das kilometerlange System an Höhlen und Gängen der Luxemburger Kasematten erkunden und weiter eintauchen in die Geschichten und Gefühle dieser so vielseitigen Stadt.
Infos & Tipps
Hinkommen und rumkommen:
Luxemburg-Stadt ist von Deutschland aus gut mit dem Zug zu erreichen. Der ÖPNV ist in ganz Luxemburg kostenlos, was auch weitere Ausflüge einfach möglich macht. Die kleine Hauptstadt mit ihren beeindruckenden Höhenunterschieden lässt sich prima zu Fuß erkunden. Sie lädt zum Schlendern und Abbiegen ein und dazu, sich einfach mal treiben zu lassen.
Übernachten:
Ich habe in dem bahnhofsnahen Boutique-Hotel „Kazawiki“ übernachtet und kann Dir das als ruhigen, gemütlichen Wohlfühlort als Ausgangsbasis für Dein Luxemburg-Erlebnis nur empfehlen. Plane fürs Frühstück ruhig etwas mehr Zeit ein! Die große Auswahl am Büffet unter dem Blumenhimmel und der Blick hinaus auf das geschäftige Treiben vor den Fenstern lohnt einen entspannten Start in den Tag. Außerdem ist das Hotel fahrradfreundlich und damit auch perfekt geeignet, wenn Du in Luxemburg mit dem Rad unterwegs bist.
Mittagessen:
Große Portionen, sympathischer Service und wieder ein Platz mit Gemütlichkeit: Das vegane Café „Seed“ mitten in der Stadt (5 rue Chimay, 1333 Luxembourg) ist ein sehr empfehlenswerter Pausenort. Speziell zur Mittagszeit. Und davor und danach.
Mein Tipp:
Nimm Dir mindestens zwei Tage Zeit für Luxemburg-Stadt, um ein paar Stunden lang planlos zu flanieren und die Stadt in aller Ruhe zu Fuß zu erkunden. Zwischen Altstadt und Grünanlagen, zwischen Cafés, Bars und Kultur.
Weitere Infos:
Visit Luxembourg und Luxembourg City Tourist Office
Alle Links und Informationen: Stand Mai 2025.
Mein Besuch in Luxemburg wurde von Visit Luxembourg unterstützt. Mille mercis für die Möglichkeit, mein Wandererlebnis um einen Stadttag zu ergänzen! Die hier geschilderten Eindrücke sind meine ganz persönlichen; der Blog-Artikel ist weder beauftragt noch bezahlt.