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Ein Herbsttag im Mullerthal: Felsen-Wow und stille Wege

Schon lange steht das Mullerthal auf meiner Wanderwunschliste. Es ist Anfang Oktober, als ich mir – im Anschluss an sechs Tage auf dem Minett Trail – den Wunsch einer ersten Tagestour im luxemburgisch-deutschen Grenzland erfülle. Ich kombiniere den Felsenweg 1 mit weiteren lokalen Routen und finde neben tiefen Schluchten und beeindruckenden Felsen sogar in dieser so beliebten Wanderregion meine Ruhe.

Mit Felsen kriegt man mich ja immer. Schon als Kind habe ich es geliebt, in Höhlen zu klettern und Steinformationen zu bestaunen. Das, was ich im Mullerthal vorfinde, übersteigert fast meine Vorstellungskraft. Obwohl die Grundzutaten auf der gesamten Strecke die gleichen sind, sieht es alle paar Meter anders aus. Da sind riesige Felswände und massive Steinblöcke, dazwischen viel Grün und mal schmale, mal breitere Wege. Die Erosion hat ganze Arbeit geleistet und eine Landschaft gezaubert, die man nur mögen kann.

Von Echternach ins Felsenparadies

Der Felsenweg 1 startet in Echternach. Das ist der Hauptort im Mullerthal und die älteste Stadt in Luxemburg. Es ist noch früh und diesig, als ich durchs Zentrum spaziere, mir die Willibrordus Basilika anschaue und schließlich den ersten Anstieg meistere. Über nasse Pflastersteine geht’s bergan zum Ausblick über Echternach.

Blick auf Echternach_Wandern auf dem Felsenweg 1 in Luxemburg

Ein paar Schritte später bin ich mittendrin im Felsenparadies. Efeu und Farne zieren raue Steinwände. Die sind in der „Wollefsschlucht“ bis zu 50 Meter hoch. Die Luft ganz unten ist feucht. Meine Hand gleitet über Moose, der Blick entlang der Sandsteinschichtungen.

Wollefsschlucht Mullerthal_Wandern in Luxemburg

Ich weiß gar nicht, wohin ich zuerst schauen soll. Es gibt so viel zu entdecken. Das haben natürlich auch andere Wanderer und Spaziergänger längst mitbekommen: Die Wege füllen sich, selbst an einem trüben Tag Anfang Oktober. Ich passiere einen Bach und klettere die steilen Stufen inmitten der engen Felsformation „Perekop“ empor. 

250 bis 200 Millionen Jahre alt sind die Steingebilde, die heute so weit in die Höhe ragen. Einst bildeten sie Meeresgrund. Wir sehen aufgetürmte Ablagerungen von Material, das Flüsse in dieses Meer schwemmten. Dabei handelt es sich primär um Sand- und Kalkstein, Mergel und Dolomit.

Eine Mühlsteinhöhle und Käse to go

Ein Höhepunkt aller Wege, die zwischen Echternach und Berdorf ausgeschildert sind, ist die „Huel Lee“. Übersetzt heißt das „hohler Fels“. Die Höhle ist eine von Menschenhand geschaffene: Schon die Römer sollen hier Baumaterial abgetragen haben. Die heutige Form der Höhle entstand im Mittelalter, als Mühlsteine aus dem Felsen gebrochen wurden. Bis zu 700 Kilogramm schwer waren diese Mühlsteine, die für die 60 bis 80 Mühlen, die es zu dieser Zeit im Mullerthal gegeben haben soll, genutzt wurden. Die Zahl schwankt; eine sichere Quelle habe ich nicht gefunden. Was aber gesichert ist: Die Mühlen des Mittelalters haben der heute so beliebten Wanderregion ihren Namen gegeben.

Huel Lee_Höhle auf dem Felsenweg 1 im Mullerthal

Hinter der „Huel Lee“ verlasse ich den Felsenweg 1. Eigentlich wollte ich ihm hinüber nach Deutschland und wieder zurück folgen, entscheide mich aber angesichts der Neugier auf das hervorragend ausgeschilderte Wegenetz im Mullerthal und meines Bedürfnisses nach Ruhe im Draußen für eine eigene Route. Am Vortag habe ich mit meinem Gastgeber Paul von der so wunderbar gemütlichen Roudenhaff Guestfarm und mit Wanderführer Gian Marco Bartolini gesprochen. Beide haben mich ermutigt, spontan meinem Gefühl zu folgen. Zwei Alternativen habe ich mir in meinem Kopf zurechtgelegt. In Berdorf entscheide ich: Das Naturwaldreservat Schnellert hinüber nach Mullerthal hebe ich mir fürs nächste Mal auf. Ich gehe nordwärts und in einem Bogen südlich des Flusses Sauer zurück nach Echternach.

In Berdorf muss ich ein wenig aufpassen; hier kreuzen sich mehrfach ein paar Wege. Zur Sicherheit schaue ich öfter auf meine Karte. Ich freue mich über eine Trinkwasserstelle direkt am Wanderweg und über einen gut bestückten Regiomaten, in dem es sogar vespertaugliche Portionen an regionalem Käse gibt. Perfekt! So geht Regionalentwicklung und so macht man Wanderer und Radfahrer glücklich.

Zeit für Picknick, Zeit für Ruhe

Mich machen weitere Ab- und Anstiege durch die Felsenkulisse glücklich. Ich gehe über Brückenkonstruktionen und spickle in begehbare Höhlen hinein. Es ist längst Nachmittag, als ich endlich Pause mache. Ich freue mich über das üppige und leckere Lunchpaket meiner Unterkunft und merke: Ich habe ganz schön Kohldampf. Das viele Hoch und Runter, das viele Staunen, die vielen Fotostopps – all das macht hungrig und ich weiß, ich habe noch eine ganze Ecke vor mir.

Felsen auf dem Felsenweg 1 im Mullerthal

Meine Tour wird nicht in Echternach enden: Die Roudenhaff Guestfarm liegt südlich der Stadt am Hang. So (und mit meinem morgendlichen Schlenker durch die Stadt) wird aus einer eigentlich etwa 24 Kilometer langen Tour eine mit 32,5. Knapp 700 Höhenmeter im Auf- und im Abstieg kommen hinzu. Zufrieden und mit rundum gutem Gefühl im Körper werde ich am Abend nach der heißen Dusche auf mein Bett fallen.

Davor aber steht mir noch ein Abschnitt bevor, der mir ausgesprochen gut gefällt. Vom Aussichtspunkt Kasselt aus folge ich für ein kurzes Stück der Beschilderung B2 und B8 Richtung Berdorf. Am Waldrand biege ich links ab, gehe entlang von Feldern und auf dem B8 ostwärts. Ich treffe noch ein Wanderpaar, das zum „Kalekapp“ abbiegt. Ab dann habe ich Wege und Wald für mich. Das genieße ich so sehr, dass ich mich für einen völlig stillen Moment nochmal auf eine Bank setze. 

Tagestour im Mullerthal_Oktober_Andrea C. Bayer

Die kleinen Pfade hinab ins Tal sind ganz nach meinem Geschmack. Ich sauge das viele Grün um mich herum auf und spüre in der Luft den Wechsel auf Herbst.

Bei Weilerbach nehme ich die Abzweigung hinunter zur Sauer, quere die Straße und gehe ein Stück den Fluss entlang. Ich folge der Beschilderung E4/E1 zurück nach Echternach. Pünktlich zum Sonnenuntergang erreiche ich den Hof der Roudenhaff Guestfarm. Was für ein schöner letzter Wandertag für dieses Mal Luxemburg! Und welch wunderbarer Auftakt in meine Erkundung des Mullerthals. Ich komme gerne wieder.

INFOS & TIPPS

Das Mullerthal:
2022 wurde das Mullerthal in die Gemeinschaft der UNESCO Global Geoparks aufgenommen. Wo im Winter 1944/45 während der Ardennenoffensive bitterlich gekämpft wurde, ist eine Wanderregion entstanden, die heute jeden Anspruch erfüllt. Ausgezeichnet als einer der „Leading Quality Trails – Best of Europe“, sind die drei Rundtouren des Mullerthal Trails das bekannteste Mehrtagesprojekt der Kleinen Luxemburgischen Schweiz, wie die Region auch genannt wird. Hinzu kommen ExtraTouren, die diese drei Routen ergänzen, und zahlreiche gut ausgeschilderte lokale Wanderwege.

Die Felsformationen sind das Markenzeichen der Region, die an die deutsche Südeifel grenzt. Von schmalen Pfaden über Wirtschaftswege, enge Felsdurchbrüche und Passagen über Brücken und Leitern ist alles dabei, was man sich als die Abwechslung liebender Wanderer wünscht. Dazu hat man oftmals die Wahl, welchen Weg man geht: Die für manchen kniffligen Stellen sind kein Muss, sondern eine schöne Ergänzung für Abenteuerlustige.

Beschilderung Felsenweg 1_Mullerthal

Hinkommen und rumkommen:
Das Mullerthal kann man von Deutschland aus gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Für Wanderer ideal ist, dass der ÖPNV in Luxemburg gratis ist. Man hat also in der Gestaltung von Routen, Etappenlängen und auch spontanen Streckenwanderungen maximale Flexibilität. Die besten Verbindungen mit Bus und Bahn findet man unter www.mobiliteit.lu sowie in der gleichnamigen App.

Unterkommen:
Die Roudenhaff Guestfarm oberhalb von Echternach ist ein wunderbarer Ort, um Ruhe und Gemütlichkeit zu genießen. Die Familie um Julie und Paul führt ihr Bed and Breakfast ebenso liebevoll wie den Hof und das bereits in sechster Generation. Julies Großmutter hat einst mit der Beherbergung angefangen. Ihre Eltern haben eine der Scheunen zum Gästehaus umgebaut. Heute fühlt man sich in den hellen Zimmern und mit großer Auswahl am hübsch angerichteten Frühstücksbüffet so richtig wohl. „Wir sind einfach sehr gerne Gastgeber“, sagen Julie und Paul und bestätigen, was man vom ersten Moment an spürt.

Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln ankommt, wird am Anreisetag gerne in Echternach abgeholt. Das üppige Lunchpaket, das man spätestens am Vorabend bestellt, ist ein prima Service für Wanderer und Radfahrer und alle, die sich über den Tag ebenso unkompliziert wie lecker und regional versorgen möchten.

Ein großzügiger Aufenthaltsraum, Getränke und Snacks auf Vertrauensbasis sowie ein Trockenraum für Fahrräder und nasse Wanderausrüstung stehen allen Gästen zur Verfügung.

Extra-Tipp: Da der Betrieb auch nach wie vor ein landwirtschaftlicher ist, gehört natürlich auch ein Besuch der Kuhweiden dazu.

Kurzum: Ich freue mich schon auf mein nächstes Mal bei Euch, liebe Julie und lieber Paul mit Familie und Team. DANKE für echte Wohlfühlmomente zum Abschluss meiner Wandertage in Luxemburg!

Roudenhaff Guestfarm_Gastgeber Julie und Paul_Andrea C. Bayer

Mein Tipp: Da das Mullerthal eine bei Wanderern und Spaziergängern sehr beliebte Region ist, ist man auf den Hauptwegen nie alleine. Wer’s – wie ich – beim Wandern lieber ruhiger mag, schnappt sich eine Wanderkarte und entscheidet unterwegs immer wieder neu, wohin die eigene Route führt. Die kleineren lokalen Wege scheinen deutlich weniger frequentiert zu sein und der Blick auf die Karte, die Du in den Beherbergungsbetrieben und Tourist-Informationen erhältst, eröffnet Dir auch noch weitere Optionen jenseits der markierten Wege. 
WICHTIG dabei: Hab die Distanzen, Steigungen und Deine eigene Verfassung im Blick und entscheide im Zweifelsfall immer so, dass Du Deine Tour in einem Ort mit Busanbindung unterbrechen kannst! 

Alle Links und Informationen: Stand Oktober 2025.

Der Beitrag entstand im Rahmen einer von Luxembourg for Tourism unterstützten Recherchereise. Wie gewohnt, gibt er meine echten Erlebnisse und Eindrücke wieder. Der Blogartikel ist unbeauftragt und unbezahlt.

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