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Wochenendauszeit: Mit dem Kajak auf Schleimünde

Wir kennen uns schon sehr lange. Die Schlei und ich. Immer wieder zieht es mich für Tages- oder Wochenendtouren auf den Ostseefjord. Und Zelten auf Schleimünde ist und bleibt ein Highlight – egal, wie oft man schon dort gewesen ist.

Die Lotseninsel Schleimünde und ich, wir haben uns über die Jahre verändert. Im Charakter und im Aussehen. Der markante Leuchtturm von Schleimünde hat die Farbe seines geringelten Gewands gewechselt und ich meine Haarfarbe. (Mehrmals.) Die Gastronomie “Giftbude”, die bei Paddlern und Seglern einst zur Institution für Hafenbier mit Sauerfleisch oder Matjes geworden war, hat ihre Betreiber gewechselt. (Auch mehrmals.) Und doch ist es trotz aller Veränderungen jedes Mal wieder wie ein Nachhausekommen, auf diesem so zauberhaften Fleckchen Erde.

Schleimünde ist nur von Wasserseite her erreichbar, auf eigenem Kiel oder mit einem der zum Beispiel ab Schleswig oder Kappeln verkehrenden Ausflugsboote. Der Segelhafen ist klein und ein beliebter Treffpunkt für die (aus Paddlersicht) großen Schiffe. Oftmals liegen diese hier dicht an dicht, Kinder toben von einem Boot auf das nächste und mit Keschern über die Stege.

Während wir Paddler unsere Zeltwiese haben, auf der wir mal Ruhe und mal Gemeinschaft genießen und abends auf Sonnenuntergänge schauen, die die Grenze zum Kitsch regelmäßig überschreiten. Hier krabble ich am Morgen aus meinem Zelt, gehe mit dem ersten Kaffee in der Hand zum Strand, um mal wieder zu erkennen: es gibt nichts Schöneres als die frische Luft eines neues Tages, den Blick übers Wasser und einen Moment, der nur mir selbst gehört.

So sehr mich die heutige Morgenstimmung an die perfekte Inszenierung des Begriffs “Waschküche” denken lässt, so sehr genieße ich genau diesen Augenblick, in dem niemand sonst schon unterwegs ist. Wellen schlagen auf den Strand. Möwen kreischen. Die Luft besteht aus Abertausenden kleinen Tröpfchen. Es ist bestimmt nicht das, was man unter perfektem Sonntagswetter versteht. Aaaaaber: das soll ja noch kommen. Gegen frühen Nachmittag.
Nach ausreichend Hektik im Alltag bin ich froh, dass mein Mitpaddler wie ich keine Eile hat. Ich verkrümle mich wieder in mein Zelt, plane das nächste Wanderabenteuer und warte, bis sich dieses fiese Nebelgemisch auflöst …

Gegen Mittag werde ich unruhig. Die sieben Sachen werden zusammengepackt. Der Himmel fängt langsam an, ein wenig aufzureißen. Nun zieht es mich hinaus: auf die Ostsee. Wenigstens einmal muss ich um die Ecke schauen, also Hafen und Schlei verlassen und um den Leuchtturm herum gen Norden paddeln. Der Ostwind der letzten Tage schaufelt noch immer ein paar Wellen über die See. Ich tobe mich eine Stunde lang aus, kreuz und quer. Ein bisschen Bootsgefühlübung und mit den Wellen spielen. Herrlich!

Was habe ich mich in den letzten Wochen nach genau diesem Moment gesehnt! Das Paddeln ist seit meinem Umzug ins deutsch-dänische Grenzland weniger geworden und damit auch diese so wertvollen Augenblicke. Ich merke: sie fehlen mir. Körperlich und mental. Denn egal, wie hektisch ein Alltag sein mag: auf dem Wasser ist vieles, was mich noch an Land bewegt hat, plötzlich ganz weit weg. Die andere Perspektive, der Rhythmus des Paddeleintauchens, die Konzentration in Wellen oder beim Queren von Fahrrinnen. All das trägt dazu bei, dass Paddeltage echte Kopffreitage sind.

Nach dem Ostseeausflug geht es erst mit Wellen von der Seite und dann mit leichtem Schub von hinten zurück nach Sundsacker, dem Start- und Zielort dieser kleinen Wochenendauszeit. Vorbei an den markanten Aalräuchereitürmen, den Fischerbooten und der Klappbrücke von Kappeln, vorbei an satt gelben Rapsfeldern und kleinen Freizeithäfen.

Als ich später im Auto sitze und durch die grün-gelbe Hügellandschaft Angelns fahre, denke ich darüber nach, in welch unterschiedlicher Verfassung wir uns schon erlebt haben, die Schlei und ich. Vom zeitigen Frühjahr (frierend im Trockenanzug) über Bilderbuchtage mit spiegelglattem Wasser auf Schlei und Ostsee bis hin zu diesen fiesen kleinen “typisch Schlei”-Wellen, die sich gerne mal dort aufbauen, wo das Wasser wenig tief ist. Ich war als absoluter Kajakanfänger dort und habe mich später gegen nennenswerte Böen und Wellen behauptet. Während ich es an diesem Wochenende einfach genossen habe, entspannt draußen zu sein. Zwischen Waschküche und Frühsommersonne.

Lieblich, manchmal etwas fies und unterm Strich einfach immer schön – so ist sie für mich, die Schlei. Von Schleswig bis Schleimünde (eine schöne Tagestour von gut 40 Kilometern), mit muckeligen Pausenplätzen unterwegs und diesem Zeltplatz auf Schleimünde, wo – wenn die Tagesgäste weg sind – eben nur noch Segler und Paddler gedankenverloren auf den Feuerball schauen, der im Abendrot hinter Maasholm versinkt. ♥

Mein Tipp:
Eine schöne Wochenendtour ist es, wenn man am Freitag nach Sundsacker (Parkplatz und Einsatzstelle an der Seilfähre, bei EventNature) anreist und am Nachmittag oder Abend die rund zwölf Kilometer nach Schleimünde paddelt. (Wer mehr Zeit mitbringt, verlängert zum Beispiel um das Auspaddeln des Wormshöfter Noors und mit einem Abstecher in den Hafen von Maasholm.) Am Samstag fährt man eine Tagestour auf der Ostsee, zum Beispiel nordwärts bis zum Leuchtturm Falshöft und zurück (rund 25 Kilometer), ehe es am Sonntag gemütlich (eventuell mit einem Schlenker über Port Olpenitz, dem ehemaligen Marineareal gegenüber von Schleimünde, das inzwischen zu einem großen Ferienressort geworden ist) die Schlei hinein bis Sundsacker geht.

Info:

Die Schlei ist ganzjährig befahrbar. Je nach Wind und Wetter kann sie etwas herausfordern. Bitte nicht unterschätzen, mit welcher Kraft Wind und Böen durch engere Stellen schleusen können!

Auf Schleimünde sind Paddler willkommen. Es gibt eine Zeltwiese direkt oberhalb des kleinen Sandstrands im Hafen, wo man prima anlanden kann. Man meldet sich im Hafenbüro an: für vier Euro pro Person/Zelt/Nacht bekommt man ein handgeknüpftes Bändchen, das man an seinem Zelt befestigt. Als Zeichen dafür, dass man bezahlt hat. Die Farben variieren von Tag zu Tag. (An der Anzahl an Bändchen an den Zelten kann man erkennen, ob die Mitpaddler Wiederholungstäter auf Schleimünde sind.)

WICHTIG:
Müll bitte selbst wieder mitnehmen! (Schleimünde ist nur mit dem Boot erreichbar, was eine besondere Logistik erfordert. Bitte daran denken und nicht anderen Extraarbeit verschaffen!)
Dusch-Euro einpacken! Es gibt Toiletten und je eine Dusche für Frauen und Männer auf Schleimünde. Das Duschen kostet einen Euro.
• Neben der Zeltwiese beginnt das Naturschutzgebiet. Bitte respektieren!

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2 Responses

  1. Moin Andrea,
    eigentlich wollte ich an diesem verregneten Morgen nur mal eben nach Informationen zum Paddeln zur Lotseninsel suchen, bin dann gleich in deinem Blog hängen geblieben. Seit 2 Monaten hängt ein gebrauchtes Seekajak in meiner Garage und ich kann es gar nicht recht abwarten, dass es losgeht. Da ich bisher kaum Erfahrung habe, zunächst innerhalb der KGE in Tönning.
    Vielen Dank für schönen Touren Beschreibungen in Reichweite. Das Lesen hat mir sehr viel Freude bereitet, aber jetzt geht es raus 😉
    Vielleicht paddelt man sich an der Westküste mal über den Weg
    Viele Grüße, Boy-Jens

    1. Hallo Boy-Jens,

      das gefällt mir aber gut, das mit dem Hängenbleiben! DANKE für Deine Zeilen.

      Die KGE ist eine gute Wahl. Da wünsche ich Dir schon mal ganz VIEL SPASS mit den Leuten dort und mit Deinem neuen Hobby. Mach Dich darauf gefasst, dass es Dich nicht mehr loslassen wird!

      Ich freue mich, wenn Du ab und an mal hier vorbeischaust und die KOPFFREITAGE weiterträgst.

      VIELE GRÜSSE & bis vielleicht ja mal auf Schleimünde!

      Andrea

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