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Steile Küsten, flache Noore: Im Kajak rund um Alsen

Eine Woche Zeit, eine Insel mit Küstenabschnitten, die jeden Tag aufs Neue überraschen, und dazu ganz viel Ruhe, zu Wasser und zu Land – Eindrücke einer Seekajaktour rund um Alsen (dänisch: Als) im südlichen Dänemark:

“Rund Alsen” hatte einen festen Platz auf meiner “Das-möchte-ich-2019-machen-Liste”. Ich war noch im Angestelltenverhältnis in Sonderburg (dänisch: Sønderborg) und jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit auf die Insel fuhr, wurde ich beim Blick von der Brücke aufs Wasser daran erinnert. Da Wetter und Urlaubszeitfenster für meinen Ferienplan A nicht so recht passten, wurde “Rund Alsen” mein Plan B. Einer, der landschaftlich jedoch definitiv zur ersten Liga gehört!

Spätsommer. Vor mir lagen spiegelglattes Wasser, ein voll bepacktes Boot und eine Woche Zeit. Eine Woche? Für eine Tour, die unter Paddlern als mittelsportliche Zweitagestour gilt? Ja, genau. Eine Woche. Früher zurückkommen kann man immer, die Route ändern auch. Doch statt der bummelig 90 Kilometer, die man für die “schnelle” Umrundung ansetzt, sollte ich am Ende 156 auf der Uhr haben. Immer noch total entspannt für eine Woche, aber eben mit dem großen Erlebnisplus, dass ich nach dieser Urlaubswoche sagen kann: Ich kenne die komplette Küstenlinie von Alsen.

So lang nämlich ist die Strecke, wenn man in sämtliche Buchten und Noore reinpaddelt. Das empfehle ich jedem, der Alsen wirklich kennenlernen möchte. Idealerweise sogar mit dem einen oder anderen Landgang, denn auch zu Fuß gibt’s zwischen Steilküste und Seen, Leuchttürmen und alten Mühlen, dem Schloss Augustenborg, Fähr- und Segelhäfen und sanfter Hügellandschaft viel zu entdecken.

Tipp: Ein tolles Photomotiv ist der Leuchtturm Taksensand (dänisch: Taksensand Fyr) an der Ostküste von Alsen. Wer es einrichten kann, paddelt im Vormittagslicht vorbei. Auch eine kleine Pause ist hier gut möglich und das Anlanden auf Sand komfortabel.

Nicht zu vergessen: Wer eine Insel umrundet, kann von Wind und Wetter ausgebremst werden. Hier hatte ich unglaubliches Glück, keinen Regen und zwischen Spielwellen bei Windstärke vier bis fünf aus Südost vor Kegnæs und Ententeichbedingungen alles, was einer Solopaddlerin gefallen kann. Doch das kann auch mal anders sein und zum Abwettern oder zu Planänderungen führen…

So gerne ich auch mal länger, weiter und sportlich fahre, so sehr genoss ich es diesmal, einfach unterwegs zu sein. Das führte so weit, dass ich am dritten Tag nur 13 Kilometer paddelte und auf meinem für eine kleine Spontanpause auserkorenen Platz schließlich bis zum nächsten Morgen blieb. Ohne viel zu tun, außer ein bisschen am Strand spazieren zu gehen, zu kochen, Sonnenuntergang zu gucken und dem sanften Auf- und wieder Abtauchen einer Schweinswal-Mama mit ihrem Jungen zu folgen, bis ich sie am Ende der lang gezogenen Bucht aus den Augen verlor …
Eine wenig straffe Tourenplanung mit der Möglichkeit für spontanes Rumdümpeln oder Anlanden ist eine gute Einstellung für “Rund Alsen”. Immer wieder überrascht der Blick um die nächste Ecke, immer wieder faszinieren Landschaft, Himmels- und Wasserfarben. Und wer denkt, Steilküste sei gleich Steilküste, wird spätestens auf der Ostseite von Alsen eines Besseren belehrt.

Auch wenn man zurecht flucht, wenn die Arme nach Gegenwindpaddelei am Abend lang sind und man sein Hab und Gut erst noch eine solche Steilküste hinauf bugsieren darf, ehe man überhaupt an Zeltaufbau, Kochen, verdientes Essen und Beine hoch denken darf: Es lohnt! Der Blick hinab aufs Kajak und am Morgen in den Sonnenaufgang ist genauso unbezahlbar wie die Ruhe, die ich ausnahmslos auf allen Plätzen genoss.

Zugegeben: Es gab einen Abend, an dem ich stark geneigt war, mein Zelt auf dem Strand zu verstecken. Der Aufstieg zum Lagerplatz war mühsam: kaum als Pfad zu bezeichnen, steil und bei einem Hauch von Feuchtigkeit gewiss kein Vergnügen. Doch mit der Idee im Kopf, Euch hier von meiner Tour zu berichten, war es mir natürlich ein Anliegen, zu testen, ob man mit den offiziell ausgewiesenen Zeltplätzen auskommt. Das kann ich definitiv bejahen. Zumal man ja auch mal einen Segelhafen ansteuern kann.

Ich hatte für meinen Hafen-Stop am vierten Tag Mjels Vig ausgesucht. Segelfreunde hatten mir das kleine Idyll ans Herz gelegt. Artig hatte ich mich im Vorwege angemeldet und mich erkundigt, ob ich als Paddlerin willkommen sei. Kein Problem: Es gibt eine Zeltwiese und dazu Annehmlichkeiten wie Dusche, Küchennutzungsoption und am Morgen frische Brötchen auf Bestellung. Vom gratis Sonnenuntergangskitsch ganz zu schweigen.

Es war schon längst Abend geworden, als Hafenmeisterin Kari das kleine Hafengeld kassierte. Ich war mit dem Abendessen durch, saß beim Wein und in nettem Schnack mit zwei Seglern und freute mich schon auf den nächsten Morgen: In der Küche können gegen kleines Geld Eier und frisches Gemüse aus der Region erworben werden. Was für ein Luxus für einen Paddler, erst recht, wenn es ums Sonntagsfrühstück geht!

Ist die Ostküste der Insel von mitunter bizarren Formationen aus Steinen, Sand und Wurzelwerk gekennzeichnet, überrascht die Strecke von Nordalsen südwärts Richtung Augustenborg mit ausgedehnten Buchten und Nooren, die teils gar nicht zu enden scheinen und einem schließlich so ein schönes Gefühl vermitteln von: Hier kommt sonst kaum einer längs.

Für Segler ist’s zu flach, Paddler wählen oftmals eben die schnelle Wochenend-Runde um Alsen und so sind’s überwiegend Fischer, die sich in diesen seichten Ausläufern bewegen. Immer wieder erkannte ich einladend wirkende Pausenplätze an Land. Mal mit Tisch und Bank, mal ein kleines Stück Sandstrand, das gerade so für ein, zwei Boote reicht. Ja, man kann es sich gutgehen lassen auf und um Alsen!

Tipp: Während der Inselumrundung unbedingt eine Mittagspause auf der Halbinsel Kegnæs einplanen! Der weiße Sandstrand lädt zum sanften Ausstieg ein und man guckt ganz entspannt übers Wasser Richtung Flensburger Förde.

Wenn man Alsen aus Paddlersicht einen Punkt abziehen wollte, dann lediglich dafür, dass die Küsten eben nicht durchweg feinsandig, sondern mitunter recht steinig sind. Das Anlanden ist, gerade für Solopaddler, nicht immer trivial. Dafür sind die Abendspaziergänge auf solchem Entdeckergrund umso schöner: Bunt sind die Steine, mal rund und glatt geschliffen, mal mit minikleinen Löchern drin und mal mit versteinerten Zeugen der Vergangenheit. Dazwischen wächst Meerkohl, der an einem Abend sogar als Geschmacksverstärker in meinen kleinen Kocher wanderte:

Wäre es allerdings nicht steinig, würden wir auch nicht diese so abwechslungsreiche Landschaft vorfinden. Wir paddeln hier durch Formationen, die uns die letzte Eiszeit hinterlassen hat. Und die Eindrücke, die man von Wasserseite und bei dem einen oder anderen kleinen Landgang gewinnt, machen definitiv Lust auf mehr. Zum Beispiel auf eine kleine Mehrtageswanderung auf dem historischen Gendarmenpfad, der auf Alsen endet, oder auf dem etwas kürzeren Alsstien, der einmal quer über die Insel führt…

Als ich am Morgen des letzten Paddeltages zusammenpackte, war ich fast ein bisschen traurig. Doch wenn Touren so enden, ist das ein gutes Zeichen! Ich hatte nur noch das Stück von Augustenborg bis nach Sonderburg vor mir. Ausreichend Zeit also, mir vor dem Abbiegen in den Als Sund noch eine letzte Kaffeepause zu gönnen. Mit Blick zurück über das Revier, das ich mir in den Tagen zuvor erschlossen hatte.

Ein kurzer Schnack mit einer Gruppe Paddler aus Sonderburg und dann ging es auch für mich unweigerlich zurück. Kurz vor der Brücke über den Sund, wo ich eine Woche zuvor gestartet war, wurde ich erwartet:

DANKE, Mama und Papa, dass Ihr mir während Eures Urlaubs bei mir in Nordfriesland den Luxus der Abholung in Sonderburg geboten habt!

Fazit: Alsen ist ein richtig schönes Ziel für eine Paddeltour direkt hinter der deutsch-dänischen Grenze. Die Anreise ist unproblematisch. Die Infrastruktur mit freien Shelter- und Zeltplätzen ist gut.
Zwischen sanft und bizarr wird die ganze Palette an Landschaftsformen abgedeckt. An Land und zu Wasser, draußen in der Natur und auf dem Weg durch die Stadt Sonderburg. Und auch aus der Luft gibt’s zwischendurch Besuch…

Infos & Empfehlungen:

Sonderburg liegt, via Autobahn erreichbar, eine halbe Autostunde hinter der dänischen Grenze. Gut einsetzen und auch parken kann man z.B. an einer kleinen Slipstelle unter der Autobahnbrücke. Direkt um die Ecke ist auch der lokale Paddelverein, Sønderborg Kajakklub.
Je nach Wind- und Wetterlage beim Start sind ansonsten die Segelhäfen eine gute Adresse. Høruphav beispielsweise hat auch eine ausgewiesene Zeltfläche.

Tipp:
Statt über die Autobahn hinter der Grenze über Kollund, Egernsund und Dybbøl fahren – direkt entlang der Flensburger Förde, mit schönem Ausblick übers Wasser und der Option auf Stärkung unterwegs: Hot Dog bei “Annies Kiosk” in Sønderhav! 😉

Wer sich für die Historie der Region interessiert, legt noch einen Stopp am Historiecenter Dybbøl Banke (deutsch: Düppeler Schanzen) ein. (Ein Ort, der übrigens auch der Aussicht wegen lohnt!)
À propos deutsch-dänische Geschichte: Die ist auch entlang der Tour immer präsent. Mal mit einem Abschnitten des 84 Kilometer langen Gendarmenpfades, mal mit Erinnerungen an die Schlacht von 1864 und mal mit den Grenzsteinen, die die 1920 durch Volksabstimmung festgesetzte Grenze markieren.

Die offiziellen Lagerplätze, die auf der Seite udinaturen.dk auf einer Karte verzeichnet sind, liegen so, dass man in angenehmen Tagesetappen um die Insel Alsen kommt. Lediglich um die Nordhälfte wird’s etwas hakelig, wenn man keine allzu lange Strecke paddeln möchte. Um das zu umgehen und die Umrundung der nördlichen Küste auch genießen zu können (mit einer Strandpause oder einem Spaziergang zum Leuchtturm Augustenhof Fyr), empfehle ich, im Segelhafen Mjels Vig zu übernachten. Der liegt klein und hübsch neben dem bekannt-turbulenten Hafen von Dyvig. Einfach vor Dyvig rechts halten, den Hafen von Mjels Vig passieren und nach dem letzten Steg rechts abbiegen: Hier kommt man gut raus (Stand: August 2019).
Mjels Vig hat eine Zeltwiese, sanitäre Anlagen für die eigene Auffrischung und eine Küche, die mitgenutzt werden darf. Dazu ein Kräuterbeet, Obst, Eier und Gemüse (je nach Saison) gegen geringes Geld und Brötchenservice. Ein hübsches Fleckchen!

Auf Alsen gibt es zudem drei direkt an die Küste grenzende Waldgebiete, in denen man ebenfalls legal sein Zelt aufschlagen darf. Auch die sind auf o.g. Website verzeichnet.

Info:
Ich hatte meinen Bootswagen mit und war auf dem Zeltplatz im Wald bei Augustenborg sehr froh darum: Dort, wo der Platz von Wasserseite erkennbar ausgeschildert ist, liegen große Findlinge aufgestapelt. Das ist nicht gerade anwenderfreundlich für Wasserwanderer. Doch ein kleines Stück vor dem Platz kommt man auf Sand an Land und rollert (oder trägt, in der Gruppe) das Boot über eine kleinen Pfad zum Platz. Das ist etwas mühsam durch den Sand, aber machbar!

Ich kenne Alsen von Land- und Wasserseite von etlichen Erkundungen, habe mich in der Vorbereitung daher glücklicherweise nur mit den Übernachtungsplätzen eingehender befasst. Für unterwegs hatte ich Seekarten mit und ergänzend laminierte Google Maps-Ausschnitte. (Hier erkennt man oftmals die Uferbeschaffenheit recht gut, was ich mir, gerade wenn ich solo unterwegs bin, gerne im Vorfeld genauer anschaue.)
Für Erkundungen an Land und zur Orientierung bzgl. Übernachtungsplätzen hält auch die Tourist-Info in Sonderburg Karten- und Infomaterial bereit. Einfach bei einem Stadtbummel mal vorbeischauen!

Tipp:
Halte speziell im Alsen Sund die Augen auf! Hier begegnen einem immer mal wieder Schweinswale.

Meine Etappen:
Ich umrundete Alsen auf der hier beschriebenen Tour entgegen dem Uhrzeigersinn, von Sonderburg bis Sonderburg und von Mittag bis Mittag. Ich hatte sieben Tage zur Verfügung und habe diese entspannt ausgekostet – Landgänge, gemütliches Frühstück und ausgiebige Lesepausen inklusive.
Nach dem Zeltaufbau bieten sich beispielsweise Spaziergänge durch den Skulpturengarten beim Schloss Augustenborg an sowie um die Nordspitze der Halbinsel Kær, vom Übernachtungsplatz Arnkilsøre aus. Hier gibt es einen kleinen Rundwanderweg.

(1) Sønderborg > Høruphav, bis Drejby > Høruphav, Hafen: 30 km
(2) Høruphav, Hafen > Kegnæs, West > Blommeskobbel: 30 km
(3) Blommeskobbel > Nørreskov: 13 km
(4) Nørreskov > Mjels Vig, Hafen: 27 km
(5) Mjels Vig, Hafen > Sandvig > Stevning Nor > Arnkilsøre: 22 km
(6) Arnkilsøre > Stolbro Næs > Ketting Nor > Sebbelev Nor > Augustenborg: 16 km
(7) Augustenborg, Lagerplatz > Augustenborg, Hafen > Arnkilsøre > Sønderborg: 18 km

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2 Responses

  1. Moin Andrea!
    Frohe Weihnachten erst einmal!
    Ich habe gerade Deinen Reisebericht der Als- Umrundung gelesen. Sehr schön geschrieben! Unterhaltsam, informativ und nie langweilig! Danke dafür und für’s mitnehmen!
    Wenn der Wind nicht zu stark wird, wollen ein Paddelfreund und ich vom 27.- 30. an Alsens Küste paddeln. Wir wollen abhängig vom Wind schauen, wo wir paddeln bzw. starten.
    Danke noch einmal für Deine Reiseberichte, ich werde mir die anderen auch noch durchlesen! Ich wünsche Dir noch eine gute Zeit!
    Thomas

    1. Lieber Thomas,

      vielen DANK fürs Vorscheischauen und für Deine Worte. 😊

      Vier Tage Alsen – das klingt fantastisch. Da drücke ich die Daumen, dass der Wind nicht stärker wird, als aktuell angekündigt. Und falls Ihr bequem an der Westküste des Alsensunds starten mögt und ggf. sogar eher von da aus gen Norden paddeln wollt: Snogebæk Strand und der Hafen von Ballebro waren von mir gerne genutzte Einsetzstellen, weil man gut reinkommt und auch das Auto gut parken kann.

      In jedem Falle wünsche ich Euch eine tolle Tour in meinem alten “Hausrevier”. Genießt die Draußenzeit – und tragt die Kopffreitage gerne weiter!

      VIELE GRÜSSE & schöne Weihnachtstage
      ⭐⭐⭐

      Andrea

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