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Helgeå und Vakö Myr: Ein Tag zu Wasser und zu Land

Unerwartet paddeln gehen – was für ein Glück! Als wir an jenem Samstag im Frühjahr, an dem die Bäume noch kahl und Sonnenstrahlen rar sind, von einem Bekannten überrascht werden, der uns zu einer Bootstour einlädt, bin ich ja schon recht glücklich. Als aus einer Boots- eine Kajaktour wird und aus dem gemeinsamen Vormittag auf dem Helgeå in Südschweden ein ganzer Paddeltag, kriege ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Und beim Gedanken an diesen Ausflug umtreibt mich erneut dieser Wunsch, der in der Kaffeepause auf einer kleinen Insel im Stensjön erwachsen ist: Hierher möchte ich mal für ein, zwei Nächte kommen. Mit Boot und Zelt und noch mehr Draußenzeit.

Ein ganz besonderer Platz am Wasser

Mit einer kleinen Gruppe Paddler starten mein Freund und ich zunächst ab “Agundaborg Camp & Paddle” in Agunnaryd zu einer Spaßrunde auf dem Agunnarydsjön. Der liegt in dem Ort, in dem IKEA-Gründer Ingvar Kamprad aufgewachsen ist. Agundaborg ist ein Anwesen mit Traumgrundstück, das die Familie von Roos Hogervorst und Simon Kemsley liebt und pflegt und zugänglich macht für Menschen, die gerne in der Natur unterwegs sind. Kanadier, Einer-Kajaks in unterschiedlichen Größen und SUPs samt Zubehör lagern ordentlich verstaut in zwei Containern vor dem Haupthaus. Roos und Simon lieben das Wasser und wollen auch anderen den Zugang ermöglichen – von ihrem halbinselartigen Stück Land aus, auf welchem sie in diesem Sommer für neuen Luxus sorgen: Neben dem unkomplizierten Verleih von gut gepflegter Wassersportausrüstung gibt’s ein neues Dusch- und Sanitärgebäude, das Radlern, Paddlern und Wanderern offensteht, die hier am Agunnarydsjön ihr Zelt aufschlagen möchten. “Wir wollen einfach Leuten, die ähnlich gerne in der Natur sind wie wir, einen schönen Platz zur Verfügung stellen, auf dem sie ganz legal und mit einer Basisinfrastruktur drumrum eine gute Zeit haben können”, erzählt uns Roos. Die fröhlich-besonnene Frau kommt ursprünglich aus Holland, ihr Mann Simon aus Südengland. Gemeinsam mit ihren Kindern Oliver, Jasper und Daan schaffen sie mit Agundaborg auf richtig sympathische Weise einen Ort, an dem man einfach gerne ist. Und sofort bleiben möchte.

Nach unserer ersten Minirunde auf dem See richten wir uns mit heißem Kaffee, leckerem Brot und Zimtschnecken aus der kleinen, mit Liebe und Qualität geführten Bäckerei “Loshult Handelsbod” und allerhand Aufstrichen und Beilagen zu einem Picknick ein. Roos, Simon, Bäckereiinhaber Raphael, ein paar Freunde – was für ein entspannter Start ins Wochenende!

Plötzlich bricht die Sonne durch. Die noch auf dem kleinen Sandstrand liegenden Boote strahlen. Das erste zarte Grün an den Büschen leuchtet vor noch dunklem Himmel. Und mich juckt’s in den Paddlerfingern: “Jetzt nochmal eine Runde raus …”, träume ich offenbar laut vor mich hin. Simon schaut uns an: “Kein Problem. Macht das doch! Die Boote sind da, wir auch. Kommt einfach zurück, wann ihr wollt!” Da zögere ich nicht. Fix packen wir unsere sieben Sachen wieder in die Boote, verabschieden uns aus der kleinen Runde und ziehen zurück aufs Wasser.

Vom Helgeå in den Stensjön

Simon gibt uns eine Karte mit und empfiehlt, den Helgeå flussaufwärts zu paddeln. Bis zum Stensjön. Roos verrät mir schöne Pausenplätze. Was für ein herzlicher Service! Die etwas versteckte Einfahrt in den Fluss finden wir auf Anhieb. Das Gelb der satt blühenden Sumpfdotterblumen erhellt die sonst noch frühfrühlingshafte Landschaft. Kurze Abschnitte mit etwas mehr Strömung erfordern Armeinsatz. Der Mann landet im Gebüsch, befreit sich bravourös und erinnert mich daran, wie meine anfänglichen Paddelversuche aussahen: Damals hat wohl keiner damit gerechnet, dass ich nach der ersten Saison nochmal in ein Boot steigen würde. Geradeaus fahren konnte ich gar nicht. Die Übungsstrecke auf meinem damaligen Hausfluss, der Schwentine bei Kiel, wurde durch meinen Zickzackkurs (gefühlt) doppelt so lang wie eigentlich geplant. Aber irgendwie fand ich’s doch so gut, dass ich im zweiten Sommer weitermachte, schnell die Kieler Förde und Wind und Wellen für mich entdeckte. Und wenig später auf der ersten Gepäcktour in Schweden die Liebe zu dieser Freiheit zwischen Wasser, Wald und Felslandschaft.

Genau diese packt mich auch auf dem Stensjön. Der macht seinem Namen alle Ehre und liegt mit kleinen Inseln und aus dem Wasser ragenden Felsbrocken unterschiedlicher Größe schließlich vor uns, als sich der Helgeå, aus unserer Perspektive, öffnet und in den See übergeht. Licht und Himmelsfarben spielen ein lustiges Spiel. Während es bei uns langsam Zeit wird für einen Nachmittagskaffee. Auf der Suche nach einer günstigen Anlandestelle umrunden wir die Insel Stora Ekön. Eine kleine Feuerstelle samt Baumstammbank erwarten uns. Ideal!

Das Kaffeewasser im Kocher blubbert; ich träume derweil von der nächsten Tour und der ersten Zeltnacht des Jahres. Es wird mal wieder Zeit für richtig raus, fürs Erkunden neuer Reviere und für mehr von diesem unbeschreiblichen Gefühl, wenn man ein paar Paddelkilometer in den Armen hat und abends wie morgens die Ruhe in der Natur genießt. Dazu das auf dem Trangia zubereitete Essen, das selbst in größter Einfachheit fantastisch schmeckt. Ach …

Zum Tagesausklang geht’s ins Moor

Für heute allerdings begnügen wir uns mit einer kleinen Tour. Knapp 20 Kilometer sind’s am Ende. Entspannt, glücklich und dankbar kommen wir wieder bei Roos und Simon an, rollern die Boote vom Strand hoch zum Container, verabschieden uns, für dieses Mal. Dann schlüpfen wir aus den Paddelklamotten – und packen den kleinen Rucksack: Wir haben den Tipp bekommen, das Moor “Vakö Myr” in der Nähe von Älmhult zu besuchen. Besonders schön soll’s da zum Sonnenuntergang sein. Passt also perfekt!

Eine gute halbe Stunde Autofahrt ist es bis zum Wanderparkplatz. Von da aus sind wir schnell auf schmalen Waldpfaden. Dann wird’s lichter und Birken und Fichten säumen den Holzbohlenweg, der hinaus führt auf die weite Moorfläche. Wir sind tatsächlich alleine hier draußen, setzen uns auf die großen, glatten Felsbrocken am Aussichtspunkt. Sogar ich lege die Kamera beiseite. Jetzt wird einfach mal tief durchgeatmet und genossen. Solange, bis das kurze Sonnenuntergangsschauspiel den letzten Akt erreicht hat: Auf dem Hinweg war der Himmel verhangen; er mauserte sich zu dramatischem Dunkeltaubenblau, ehe das Drehbuch eine angenehme Überraschung bereithält: Ein Streifen Abendlicht fällt durch, Dunkelgelb und Orange gesellen sich zu den Blautönen. Was für eine Kulisse, was für ein angemessener Abschluss eines so gelungenen Draußentages zwischen Wasser und Land!

Info & Tipps:

“Agundaborg Camp & Paddle” ist sowohl ein guter Ausgangspunkt für Tages- und Mehrtagestouren auf dem Fluss Helgeå wie ein toller Platz, um im eigenen Zelt der Natur ganz nahe zu sein. Auch mit kurzfristiger Anmeldung ist man hier als Paddler, Wanderer, Angler oder Fahrradfahrer willkommen.
Im Camp kann man Wassersportausrüstung mieten und bei Bedarf auch den Transport zum Start- oder vom Endpunkt der Tour zurück.
Mein Eindruck: Absolut empfehlenswert und auch prima, wenn man länger auf Tour ist, das Draußensein nicht unterbrechen und auch nicht auf einen Campingplatz möchte. Denn bei Roos und Simon ist’s einfach gemütlich und unkompliziert – und mit Dusche, WC und Grillstelle ist alles da, was man an etwas Luxus braucht da draußen.

Der Helgeå ist etwa 200 Kilometer lang. Er durchfließt im südlichen Schweden Landschaften in den Regionen Småland und Skåne. Bei Åhus mündet er in die Ostsee. Der Fluss ist ein beliebtes Paddelrevier mit guter Infrastruktur an Wasserwanderplätzen, auf denen man sowohl übernachten wie rasten kann.

Moose, Binsen und Wollgras säumen den Holzbohlenweg, der zum Aussichtpunkt im Moor “Vakö Myr” bei Älmhult führt. Das Moor steht mit einer Gesamtfläche von 969 Hektar seit 1998 unter Naturschutz. Über einen etwa zwei Kilometer langen ausgeschilderten Weg kommt man vom Parkplatz aus durch Wald und dann ins Feucht- und großflächige Moorgebiet.
Empfehlenswert: ein Abendspaziergang zum Pausen- und Aussichtsplatz und von dort den Sonnenuntergang genießen!

Extra-Tipp:
Wenn Du schon in der Region um Älmhult bist, dann schau doch auch mal im IKEA-Museum vorbei – und plane gerne eine Mittagspause im dortigen Restaurant “Köket” ein!

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